Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Tot ist tot. Tot, aus und vorbei. Nach Jesu Kreuzigung ist das die verzweifelte Stimmung seiner Gefährten. Zwei von ihnen haben Jerusalem verlassen und sich auf den Weg gemacht nach Emmaus, eine 23 km lange Strecke. Jesus hat sie begleitet, aber sie haben ihn nicht erkannt. Erst nach einigen Gesprächen über die Bibel sind ihnen die Augen aufgegangen. Sie haben ihren auferstandenen Herrn erkannt  und später mit ihm zu Abend gegessen. Soweit die biblische Erzählung. (Lukas 24,13-35) 

Der niederländische Maler Rembrandt (1606-1669) greift in einer Radierung dieses gemeinsame Mahl auf. Jesus sitzt in der Mitte, sein Gesicht ist hell erleuchtet. Die beiden Jünger haben an den Tischenden Platz genommen. Ganz Aug und Ohr, was Jesus sagt und tut. Im Vordergrund taucht zusammen mit einem kleinen Hund eine Gestalt auf. Vielleicht hat sich Rembrandt selbst dargestellt. Wer auch immer – er schaut etwas verlegen, will aber nicht stören. Jesus blickt ihn liebevoll an, als ob er sagen möchte: Bleib bei uns, es ist schön hier. Vielleicht meint er auch Sie und mich. Diese Szene entspricht einem interessanten Hinweis im Evangelium. Es nennt nur einen der beiden Jünger mit Namen. Er heißt Kleopas. Und der andere? Der andere –  der sind vielleicht Sie und ich. 

Miteinander essen, das war damals keine selbstverständliche Tätigkeit. Essen durfte nicht jeder mit jedem: Kein Frommer mit einem Sünder, kein Jude mit einem Heiden, kein gesetzestreuer Theologe mit einem Kranken oder einer Dirne. Die Hausordnung einer geschlossenen Gesellschaft war streng: Nur wer linientreu, rechtgläubig und nach außen moralisch intakt war – der gehörte dazu. Alle anderen waren ausgeschlossen.

Jesus geht darüber hinweg. Er stellt die Vorstellungen einer geschlossenen Gesellschaft auf den Kopf. Jesus eröffnet mit seinen Mahlfeiern allen Menschen Zugang zu sich. Das sollten die Kirchen nicht vergessen, wenn sie oft krampfhaft an ihren „Hausordnungen“ festhalten. Nicht die Kirchen haben Gastgeberrechte zu verteilen. Gastgeber ist und bleibt Jesus Christus. 

Das Emmaus Bild von Rembrandt bringt das sehr feinsinnig zum Ausdruck. Ich sehe darin einen Hinweis für die offene Gesellschaft, wie Jesus sie pflegt, offen für alle, die ihn suchen und brauchen – auch heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21641
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