Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Der Fahrdienstleiter ist schuld. Er hat den Zusammenstoß der Regionalzüge bei Bad Aibling verursacht. Er hat wohl noch versucht, seinen Fehler zu korrigieren. Aber vergeblich. 11 Menschen sind gestorben. Viele sind schwer verletzt worden.
Ich denke an die Hinterbliebenen der Opfer und an die Schwerverletzten. Ihr Leben wird nie wieder so sein wie vorher. Weil ein Mensch einen Fehler gemacht hat.

Man wird ihn natürlich vor Gericht stellen. Wahrscheinlich wird man dort berücksichtigen, dass er es ja nicht mit Absicht getan hat. In vergleichbaren Fällen haben die Verantwortlichen eine Bewährungsstrafe bekommen. Und dann? Ist dann alles wieder in Ordnung für den Mann, wenn er sein Urteil bekommen hat und seine Strafe? Wir machen doch alle Fehler. Das sagt man jedenfalls, wenn einem selber etwas passiert ist. Das soll eine Entschuldigung sein. Aber hilft einem das wirklich, wenn man so einen furchtbaren Fehler gemacht hat? Kann man sich damit selber freisprechen von seiner Schuld?
„Der arme Mann!“, habe ich schon ein paarmal gedacht, der muss nun sein Leben lang damit leben. Menschen sind gestorben. Er hat das nicht gewollt. Aber es ist passiert. Und er ist schuld.

Ich fürchte, so etwas kann jedem passieren. Und ich glaube, man kann sich eine Schuld nicht selber vergeben. Und eine Strafe, egal wie hoch, hilft einem vermutlich  in so einem Fall auch nicht. Vergeben können nur die anderen. Die Betroffenen. Die Opfer. Aber die Toten können nicht vergeben. Und für die Hinterbliebenen ist das schwer und oft wahrscheinlich zu viel verlangt. Vergebung kann man nicht von anderen einfordern. Wo also kann man hin mit seiner Schuld?

Wir Christen glauben: Man kann mit seiner Schuld zu Gott kommen. Man kann es ihm sagen, was passiert ist. Was man getan hat. Oder was man versäumt hat – manchmal ist das ja genauso schlimm. Und wie leid einem das tut. „Vergib uns unsere Schuld“ beten wir im Vaterunser. Und wir vertrauen darauf – Gott vergibt Schuld und das kann einem helfen zu leben. Einer, der schuldig geworden ist, kann neu anfangen und versuchen, etwas wieder gut zu machen, von dem was geschehen ist. Auch wenn man das Vergangene nicht rückgängig machen kann. Vielleicht kann man an einer anderen Stelle Menschen unterstützen und ihnen zum Leben helfen.

Und wenn man das alles gern von einem anderen hören möchte? Dann kann man in die Kirche gehen und beichten. Bei einem Pfarrer oder einer Pfarrerin. Oder im Gottesdienst, da gibt es ein gemeinsames Schuldbekenntnis. Und dann sich sagen lassen, was Jesus gesagt hat: „Dir ist deine Schuld vergeben. Geh hin im Frieden!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21573
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