Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Unsere Welt ist an vielen Stellen hart. Wie der Boden eines Stückchens Erde, das lange Zeit kein Wasser gesehen hat. Ein Ort, wo mir das nicht nur auffällt, sondern weh tut, ist die Schule. Wer nicht die Leistung bringt, die von ihm erwartet wird, fällt durch. Oder er schafft nicht den Abiturschnitt, den er für ein Medizinstudium bräuchte. Oder er wird von seinen Eltern so massiv unter Druck gesetzt, dass ihm die Freude am Leben schwindet. Junge Menschen sind zerbrechlich und weich, viel weicher als sie es sich oft anmerken lassen. Wer von ihnen nur Leistung erwartet, schadet ihnen. Wer sie bloß danach beurteilt, wie sie funktionieren, tut ihnen Gewalt an. 

Jesus erzählt ein Gleichnis, das dazu passt. Es geht so:

Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.

Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?

Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.

Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.

(Lk 13,7-9) 

Es sind drei Punkte, die mich an diesem Gleichnis beeindrucken. Auch weil sie sich ganz leicht auf Bereiche übertragen lassen, wo Menschen hart miteinander umgehen. Zuerst: Der Mann, der für den Baum die Verantwortung hat, rät zu Geduld. Dass der Baum im Moment nichts abwirft, sagt noch nichts über das Potential, das in ihm steckt. Der Weingärtner traut dem Feigenbaum mehr zu, als er jetzt sieht. Dann macht er sich selbst an die Arbeit. Er sucht das Problem nicht allein beim Baum, sondern bei sich. Er könnte sich zu wenig engagiert haben. Er will aufgraben und düngen. Ja, genau das sollten wir sinnvollerweise tun, wenn wir an harte Stellen des Zusammenlebens kommen. Selber Hand anlegen und Gutes tun, etwas investieren, damit es besser werden kann. Nicht nur im Garten, auch in der Schule wirkt das Wunder. Am Ende sagt der Gärtner vielleicht. Ich finde, das ist im Zusammenleben von Menschen ein wahres Zauberwort. Weil es nicht abschließt, sondern eine Hoffnung ausdrückt. Ohne sie muss unsere Welt hart werden. In der Schule und andernorts.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21521
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