Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Merkwürdig: Gerade wenn es einem gut geht, breiten sich die Sorgen aus. Ich finde, das kann man im Moment in unserem Land ganz gut beobachten. Es geht den allermeisten von uns doch wirklich gut. Vergleichen Sie mal Ihre Lebensverhältnisse mit denen Ihrer Eltern oder Großeltern. Können wir dann nicht fast alle sagen: es geht mir besser! Und wenn Sie sich mit den Menschen in anderen Ländern vergleichen?

Aber merkwürdig: Der Wohlstand führt bei vielen nicht dazu, dass sie die Hoffnung haben: Es wird mir auch in Zukunft gut gehen. Ich kann mein Leben meistern, egal, was kommt. Im Gegenteil: Die Befürchtungen und die Sorgen nehmen überhand. Die Angst, dass es anders werden könnte.

Den ersten Christen in Rom ging es anscheinend ähnlich Sie hatten Angst vor der Zukunft. Aber da kriegen sie von Paulus einen erstaunlichen Hinweis, der ihnen die Augen öffnet. „Deshalb seid froh, wenn ihr Not erlebt“ – schreibt er ihnen. Denn das war seine Erfahrung: Aus Not wächst Hoffnung (Rö 5, 3-5).

Mir fällt dabei ein, was mir meine Eltern und Schwiegereltern vom Ende des Krieges erzählt haben. Sie hatten alles verloren, die Bombenangriffe, die Flucht, die Gefangenschaft gerade so überlebt und Dinge erlebt, über die sie ihr Leben lang nicht sprechen konnten. Aber sie hatten die Erfahrung gemacht: Wir haben es geschafft. Wir haben überlebt. Wir sind durchgekommen. Es ging irgendwie immer weiter, hat meine Schwiegermutter gesagt. Ich kann gar nicht sagen wie. Gott hat uns durchgeholfen.

Und das hat ihnen Hoffnung gemacht. Als es vorbei war, als sie alles verloren hatten – da hatten sie Hoffnung. Es wird weiter gehen. Wir werden es schaffen. Gott wird uns beistehen, wie er uns beigestanden hat. So sind sie hoffnungsvoll der Zukunft entgegen gegangen. Und sie haben es geschafft. Haben den Grundstein gelegt für den Wohlstand, um den ich mir jetzt Sorgen mache.

Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom hat das auf den Punkt gebracht. Not lehrt durchhalten, hat er ihnen geschrieben. Durchhalten bringt die Erfahrung, dass man es schaffen kann. Und das macht Hoffnung: Mit Gottes Hilfe werde ich es auch wieder schaffen, wenn es nötig ist.

Mir sagt das: Man sollte nicht weglaufen vor dem, was einem Angst macht. Sondern sich tapfer dem stellen, was kommt. Daraus wächst neue Hoffnung. Ich denke dabei an Dietrich Bonhoeffer. Der hat gesagt: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21495
weiterlesen...