Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Terroranschläge sind grauenvoll. Die Kriege im mittleren Osten sind grauenvoll. Das Drama jedes einzelnen Flüchtlings ist grauenvoll. Wenn Menschen Flüchtlingswohnheime in Brand stecken ist das grauenvoll. Die Vielen, die Flüchtlinge unterstützen und den Mund aufmachen für menschenwürdige Verhältnisse sind beeindruckend. Einer von denen, die beeindrucken, ist Navid Kermani. Manche werden ihn kennen und vielleicht sogar seine Rede gehört haben, die er im Sommer in der Paulskirche in Frankfurt gehalten hat. Dort ist ihm der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen worden. Navid Kermani ist in Deutschland geboren als Kind iranischer Eltern. Er ist gläubiger Muslim. Dass alle Menschen in Frieden leben können und versuchen einander zu verstehen. Ganz gleich woher sie kommen und was sie glauben. Dafür tritt er ein. Er kämpft nicht darum, welche Religion die richtige ist. Die Gemeinsamkeiten von Christentum und Islam sind ihm wichtig. 

Nach dem Anschlag auf die Zeitungsredaktion „Charlie Hebdo“ im Januar 2015 in Paris hat Navid Kermani in Köln eine bewegende Rede gehalten. Er hat gesagt: „Liebe Mitbürger, liebe Freunde! Ich sehe euch heute Abend in Köln auf diesem Platz, der einmal einer der dunkelsten Orte dieser Stadt war. Vor den Türen der ehemaligen Dienststelle der Gestapo. Inbegriff eines nationalistischen Schreckensregimes. Ich freue mich, ich freue mich unbändig, denn ich sehe euch alle zusammen stehen. Ich sehe euch, egal, welcher Religion, Partei oder Gewerkschaft ihr angehört, welche Herkunft ihr habt, … , ob ihr schwarz seid oder weiß, ob ihr schwul seid oder lesbisch oder heterosexuell, ob ihr rot wählt, oder schwarz oder grün oder gelb, ob ihr arm seid oder reich, ob ihr in die Oper geht oder lieber ins Kabaret, ob ihr an Gott glaubt oder an den FC Köln oder wie ich an Gott und den FC. Ich sehe euch alle gemeinsam und entschlossen im Gedenken an die Opfer.

„Der Mensch ist entweder ein Bruder im Glauben oder ein Bruder in der Menschlichkeit“. Das sagte im 7. Jahrhundert schon Ali ibn Abi Talib, vierter Kalif und erster Imam. Das, genau das ist auch zugleich der humane Kern, der allen morgen- und abendländischen Religionen gemeinsam ist. Lasst uns, egal ob gläubig oder nicht, jederzeit wieder demonstrieren für unsere Freiheit, unsere Gleichheit und unsere Brüderlichkeit. „

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21432
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