Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Immer wieder begegnen mir Menschen, die mich beeindrucken. Manchmal auch in unserer Tageszeitung. Im letzten Herbst hat die Lokalredaktion von einem Mann berichtet, der 20 war als er nach Deutschland kam. Geboren ist er in der Türkei. Hat eine Lehre als Stuckateur gemacht und die letzten 22 Jahre in seinem Handwerk gearbeitet. Seit Mai letzten Jahres arbeitet er als Hausmeister in Flüchtlingsunterkünften im Landkreis Tübingen. Er hat sich auf diese Stelle beworben, weil er selbst erlebt hat, wie es ist, als Fremder in einem anderen Land anzukommen und sich einleben zu müssen. In einer der Turnhallen, für die er zuständig ist, leben 50 Menschen. Aus Serbien, Mazedonien, Albanien, Bosnien und dem Kosovo. Als Hausmeister kommt er täglich zu ihnen. Organisiert Möbel, Kleidung, Fahrräder für die Kinder. Tut alles was ansteht.

Er kümmert sich darum, dass das Zusammenleben in der Turnhalle klappt. Er achtet darauf, dass sich alle an die Regeln halten, z. B. dass alle ihr Besteck selbst aufräumen und ihren Müll wegbringen. Er beobachtet wie es den Flüchtlingen atmosphärisch miteinander geht. So kann er rechtzeitig erkennen wenn es Ärger gibt und Konflikte geklärt werden müssen bevor jemand gewalttätig wird. Muslime und Christen teilen sich die Wohngemeinschaft auf Zeit, schlafen Stockbett an Stockbett, sitzen Tisch an Tisch. Tag für Tag, Nacht für Nacht, Woche für Woche. „Wir müssen kucken, dass alle zufrieden sind und sich respektieren“, sagt der Hausmeister. Wenn er von seiner Arbeit erzählt kann man hören, dass er ein großes Herz hat. Für ihn sei es das Schönste, Menschen willkommen zu heißen. Ihnen Angst zu nehmen und ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Die Freude in ihren Gesichtern zu sehen. „Sie sind jetzt ein Teil von uns“ sagt er und strahlt dabei. Für ihn sei es spannend, das mitzuerleben.

Fragt man ihn nach seiner eigenen Ankunft in Deutschland vor 23 Jahren sagt er schlicht: „Das war kein harter Kampf.“ Und: „Schnell passiert.“ Er findet: „Wer sich in Baden-Württemberg nicht integriert, muss sich Gedanken machen. Die Menschen hier sind friedlich. Wer in einem fremden Land ankommt, darf nicht nur nehmen. Man muss auch geben.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21430
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