Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zum Mitnehmen? fragt mich die Verkäuferin im Bäckereicafé. Ich bin im Auto unterwegs und habe noch eine längere Fahrt vor mir, deshalb muss jetzt ein Kaffee her. Aber ich bin knapp dran und eine Pause ist eigentlich nicht drin. Deshalb sage ich wie fast alle, die in der Schlange vor mir waren: Ja, zum Mitnehmen. Sie füllt den heißen Kaffee in einen Pappbecher, ich drücke den Deckel mit der Trinköffnung drauf, zahle und sehe zu, dass ich schnell wieder hinters Steuer komme.

Dann schaltet sich das Autoradio zu den Verkehrsnachrichten auf laut. Auf der A8 seien Wildschweine unterwegs, so werde ich gewarnt, und der Wettermoderator sagt, am Himmel werden den ganzen Tag über dicke Regenwolken unterwegs sein. Und wenn ich heute mal schräg drauf bin, werde ich vielleicht gefragt: Wie bist du denn unterwegs?

‚Unterwegs‘ ist zu einem Lieblingswort geworden, alles Mögliche ist heute unterwegs. Und alles Mögliche gibt es deshalb to go, zum Mitnehmen. Wir sind ständig unterwegs, nicht umsonst spricht man vom Zeitalter der Mobilität. Das prägt auch unser Lebensgefühl, sonst würden wir nicht so oft davon sprechen. Es ist ein Unterwegssein, das viel mehr ist als nur von A nach B zu kommen. Unterwegs sind wir solange wir leben. Nicht nur die riesigen Ströme von Flüchtlingen, auch wir Sesshaften und Eingesessenen. Nichts von dem, worin wir uns eingerichtet haben, gehört uns auf Dauer, nicht unsere Häuser, nicht unsere Städte, nicht unser Land. Nicht unsere Sicherheiten und Privilegien. All das dürfen wir nutzen, aber als freundliche Leihgaben, nicht als unser Besitz.

Menschen früherer Zeiten haben sich als Wanderer verstanden oder als Pilger. Sie wussten, dass sie ihr Leben lang unterwegs sind und nie wirklich ankommen. „Ich bin nur ein Gast bei dir, ein Fremdling wie all meine Väter.“ (Psalm 39,13) So hat einer gebetet vor zweieinhalb Tausend Jahren. Und der Apostel Paulus, der fast in der ganzen damaligen Welt zu Hause war, konnte ganz schlicht sagen: „Unsere Heimat ist im Himmel.“ (Philipperbrief 3,20)

Das gilt bis heute. Und die irdische Heimat, die provisorische, die auf Zeit geliehene, sie ist mehr Herberge als Heimat, und deshalb gehört sie allen. Denn wir alle sind letztlich ‚Gäste und Fremdlinge‘, in einem Leben to go.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20935
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