SWR1 3vor8

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Manche Sätze von Jesus sind mir unangenehm. Zum Beispiel dieser:
„Was ihr für andere nicht getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend waren – das habt ihr auch für mich nicht getan. Auf diese Menschen wartet die ewige Strafe!“ (Mt 25,46)
Über solche Sätze wird heute in den evangelischen Gottesdiensten gepredigt.
Mir ist dieser Satz unangenehm, weil ich nicht gern etwas von Strafe höre, schon gar nicht von Gottes Strafe. Ich höre und rede lieber vom lieben Gott, der für alle und alles Verständnis hat. Und erst recht höre ich nicht gern von Strafe für mein Verhalten. Wen geht das etwas an, solange ich mich an die Gesetze halte?
Aber es gibt nun einmal auch unangenehme Wahrheiten. Und dieser Satz von der Strafe für das, was ich nicht getan habe – der gehört wohl dazu. Er ist wie ein Spiegel . Für alle, die sagen: Ich kann doch nichts dafür, dass andere hungern und frieren, kein Obdach haben oder auf die schiefe Bahn geraten sind. Ich bin dafür nicht verantwortlich. Deshalb bin ich auch nicht verantwortlich, ihnen zu helfen.
Da zeigt sich ein Leben in lauter Nein und nicht, finde ich. Menschen, die kein Verhältnis haben, außer zu sicher selber und zu denen, die ihnen nahe stehen. Andere gehen mich nichts an, sagen sie.
Aber Jesus sagt: Das ist zu wenig. Auch die anderen brauchen Hilfe. Natürlich kann ich nicht allen helfen. Aber ist die Alternative, allen nicht zu helfen?
Jesus meint anscheinend: So bleibt am Ende das Nein. Was für eine vernichtende Erkenntnis am Ende eines Lebens: Ich habe immer nur Nein gesagt! Von so einem Leben bleibt nichts.
So sehe ich das mit der ewigen Strafe.
Und jetzt denke ich: Gott sei Dank hält mir Jesus schon jetzt diesen Spiegel vor. Und wenn ich mich erkenne: Dann kann ich es anders machen. Ja sagen. Nicht nur, wenn die mich brauchen, die mir am Herzen liegen. Sondern auch, wenn andere Hilfe brauchen. Menschen, für die ich mich erst einmal vielleicht nicht verantwortlich fühle.
Manchmal kann man mit Geld eine Menge tun. Bill Gates habe ich gelesen, hat inzwischen die Hälfte seines Vermögens in eine Stiftung eingebracht, und arbeitet nur noch dafür, Krankheiten zu besiegen, die vor allem die Ärmsten treffen. Aber auch, wer nicht so viel Geld hat, kann etwas tun: Ich denke an die Frau, die zweimal in der Woche in der Kleiderkammer hilft. An den Mann, der jede Woche ein paar Stunden in der Wärmestube heißen Tee ausgibt und Vesper. An die Frau, die jeden Dienstag den alten Nachbarn besucht und ihm aus der Zeitung vorliest. 
Sie alle haben ein Verhältnis zu den Bedürftigen um sie herum. Und Jesus sagt: Sie haben auch ein Verhältnis zu Gott.

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