Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Vor törichten Andachten und sauertöpfischen Heiligen bewahre uns, o Herr!“

Diesen Satz, liebe Hörerinnen und Hörer, habe nicht ich erfunden, er ist schon viel älter. Theresa von Avila soll ihn gesagt haben. Heute wird ihr Gedenktag in den Kirchen begangen. Geboren ist sie in diesem Jahr vor genau 500 Jahren. Mit 15 Jahren ist sie ins Kloster eingetreten. Sie lebte gerne dort. Von mancher Andacht war sie aber wohl alles andere als begeistert.

In Gesprächen habe ich dazu verschiedene Meinungen kennen gelernt. Heute ist es immer noch so, dass manche Gottesdienste, manche Gebete als langweilig erlebt werden. „Da ist wenig dabei, was mich anspricht“, höre ich immer wieder. Und so bleiben viele Gottesdienste einfach wenig besucht, finden viele Gebete gar nicht statt.

Ich achte deshalb seit einiger Zeit sehr darauf, wie viel Zeit ich mir für meinen Glauben und das Gespräch mit Gott nehme. Zum Beispiel für mein eigenes Beten. Noch vor einigen Jahren war es für mich fast ein Kraftakt, zwanzig Minuten still vor dem Kreuz zu sitzen. Da ich es aber immer wieder geübt habe, fällt es mir heute viel leichter. Mir ist es auch wichtig, den ganzen Tag über im Gespräch mit Gott zu bleiben. Zum Beispiel für ein kurzes Danke oder auch eine Bitte.

Das gilt auch für die Zeit, die ich mir für die Vorbereitung von Gebeten und Gottesdiensten nehme. Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, mir dafür viel Zeit zu nehmen. In Gesprächen erfahre ich immer wieder, dass Menschen spüren möchten, dass der Leiter eines Gottesdienstes von dem überzeugt ist, über was er spricht und es nicht nur als Erfüllung einer Pflicht tut.

Wenn sie spüren, dass er sich mit dem Thema des Gottesdienstes intensiv beschäftigt hat, dann empfinden sie diesen Gottesdienst nicht als langweilig. Sie können sich darauf einlassen und mitfeiern, und spüren noch nicht einmal, wie schnell die Zeit vergangen ist. Auch das erfahre ich immer wieder. Dann empfinden sie die Zeit, die sie mit Gott verbringen, als eine reiche Erfahrung, die gut tut.

Theresa von Avila hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie hat es so ausgedrückt:

„Hätte ich früher erkannt, was ich jetzt weiß, dass der winzige Palast meiner Seele einen so großen König beherbergt, dann hätte ich ihn nicht so oft allein gelassen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20710
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