SWR1 3vor8

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„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als das ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Heute wird dieser Satz in den katholischen Gottesdiensten vorgelesen. Schon damals hat Jesus damit seine Jünger schockiert. „Wer kann dann noch gerettet werde?“ fragen sie sich untereinander. Auch heute schockiert dieser Satz. Schließt er doch die Reichen vom Reich Gottes aus. Aber was heißt reich? Sicherlich gehöre ich nicht zu den oberen Zehntausend, aber ein Haus, einen Garten, ein Auto und ein geregeltes Einkommen habe ich auch.

Dem Ganzen geht folgende Geschichte voraus: Ein reicher Mann kommt zu Jesus und fragt, was er denn tun müsse, um das ewige Leben zu bekommen. Jesus gibt darauf eine Standardantwort, die man auch heute so geben könnte: Halte dich an die Zehn Gebote. Und damit hätte die Geschichte zu Ende sein können. Frage des Mannes – Antwort Jesu - fertig. Aber dem Mann scheint das nicht zu reichen. Weil er das alles schon sowieso seit jeher tut – sich an Recht und Ordnung halten. Daraufhin schaut Jesus den Mann an - und es heißt ausdrücklich im Text – „weil er ihn liebt“, fordert er ihn auf, alles, was er hat, zu verkaufen, den Armen zu geben und Jesus nachzufolgen.

Dieses „weil er ihn liebt“ macht deutlich: Jesus will den reichen Mann nicht fertig machen, ihn mit der Moralkeule erschlagen. Nach der Devise: Du hast soviel Besitz, du bist verpflichtet, davon den andern abzugeben. Sondern er will ihm Gutes tun, er findet ihn sympathisch und deshalb gibt er ihm den Rat alles zu verkaufen. Wenn du weggibst, wenn du loslässt, wirst du ein schöneres, ein freieres Leben führen und du wirst offener sein für die Nöte aber auch die Freuden deiner Mitmenschen. Du wirst das Reich Gottes jetzt schon erleben. Ganz bewusst spricht Jesus hier nicht vom Ewigen Leben, wonach der Mann zunächst gefragt hat, sondern er spricht vom Reich Gottes. Und das kann man – nach Jesus - schon hier auf der Erde erleben, wenn man loslässt, weggibt und mit andern teilt. Und da hat er Recht. Ich erlebe immer wieder, wenn ich mich allzu viel um meinen Besitzstand kümmere, komme ich nicht dazu, mit den Enkelkindern zu spielen, mich mit Freunden zu treffen und Flüchtlinge in Deutsch zu unterrichten. Ich verpasse das Reich Gottes, das schon auf der Erde geschieht. Und in der Gefahr stehen Menschen, die noch mehr besitzen als ein Haus, einen Garten und ein Auto ganz besonders. Deshalb: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als das ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“

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