Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Guten Morgen. „Wie kann ich wieder Vertrauen finden?“ Kommt es aus ihm heraus. Mein Freund hat vor kurzem mit 51 seine Frau verloren. „Ich traue dem Leben nicht mehr.“ Er hat sein Vertrauen verloren durch den Tod seiner Frau und die Art und Weise, wie sie von ihm gegangen ist. Vorher hatte sein Leben festen Boden, auf dem man ohne Nachdenken gehen konnte, jetzt schwankt der Boden unter seinen Füßen. Die Schritte kosten viel mehr Mut und Kraft als früher. Viele lässt er lieber. Sich auf andere Menschen verlassen? Die könnten ja auch gehen. Er weiß, man kann nicht gut leben ohne Vertrauen. Schon gar nicht leicht. Aber wo kann man es wieder finden?
Ich vermute, Vertrauen wieder zu finden, ist mit das Schwerste. Und braucht Zeit. Vielleicht ist das Erste, dass man begreift, dass man sich selber Zeit gönnen muss. Dass man sich nicht zu viel zumutet. Sondern sein eigenes Maß findet, welche Schritte ins normale Leben man sich zutrauen kann.
Und wir anderen drumherum, wir müssen das akzeptieren und helfen. Jemand, der neu Vertrauen ins Leben aufbauen muss, der ist nicht so schnell und belastbar wie früher. So ein Schicksalsschlag wirft Menschen zurück.
Aber: Vertrauen kann man auch üben. Wenn der Lebensboden unter einem schwankt, muss man die festen Stellen suchen, wo man die Füße sicher aufsetzen kann. Man muss gewissermaßen die Steine unter der Oberfläche finden, auf denen man übers Wasser gehen kann, bis man dann wieder an Land kommt und festen Boden findet. Und mit jedem Schritt, den man erfolgreich gemacht hat, kommt ein Stück Vertrauen zurück, dass es wieder geht, dass das Leben wieder trägt. Und auch da können wir anderen drumherum helfen.
„Zusammen ist man weniger allein.“ Wir können anbieten, dass wir da sind. Quasi als Stein im Wasser. Aber das was wir anbieten, darauf muss sich der andere auch wirklich verlassen können. Lieber wenig anbieten und dann halten, als große Worte machen. „Ich ruf Dich an,“ sagen wir ja gern. Aber wie oft ist das nur vage und sehr unverbindlich. So machen wir Vertrauen eher schwer. Der andere kann Vertrauen wieder finden, wenn ich halte, was ich verspreche.
Ein letzter Gedanke: Das Leben ist nicht so stabil wie Beton. Für mich ist es deshalb gut, wenn ich nicht nur Vertrauen ins Leben übe, sondern Gottvertrauen. Ich glaube, wenn das Leben, das wir uns aufgebaut haben, unter uns wackelt, dann kann Gott uns auffangen. Der trägt sogar mein brüchiges Leben.
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