Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Behinderte Menschen tun sich in der modernen Arbeitswelt oftmals schwer. Viele von ihnen sind arbeitslos, trotz Hochkonjunktur und jeder Menge offener Stellen. Ein ganzes Gestrüpp von Vorurteilen versperrt den Menschen mit Handicaps den Zugang: „Den krieg ich doch nicht mehr los“, klagt ein Mittelständler und meint den verstärkten Kündigungsschutz für Schwerbehinderte. Und übersieht dabei, wie viel Hilfe ihm angeboten wird, um Behinderte zu integrieren, zu qualifizieren und zu begleiten, wenn's denn mal Ärger gibt. „Die bringen doch nicht die Leistung“, sagen andere, was pauschal auf keinen Fall stimmt. Auch Nichtbehinderte pfeifen oft aus dem letzten Loch, weil die Leistungsanforderungen immer unmenschlicher werden. Menschen mit Behinderung bringen enormen Einsatz, das weiß man. Sie legen Ehrgeiz an den Tag, wollen sich und der Welt beweisen, dass sie dazugehören und liefern können. Aber sie sind nicht jeden Tag gleich in Form – wer ist das schon! 

Ein Gestrüpp von Vorurteilen – kein Wunder, dass viele Unternehmen sich über eine Ausgleichsabgabe viel zu billig freikaufen, statt die gesetzliche Quote zu erfüllen.  

Verzweifelt suchte auch der junge, mehrfachbehinderte Bastian mit seinen Eltern einen Arbeitsplatz und stieß eben auf diese Mauer der Ablehnung. Sein Glück: Er fand hartnäckige Fürsprecher in einem Kleinbetrieb, aber da war keine Stelle frei. Doch wo ein Wille, da ein Weg – man schuf einfach eine: Die Deputate der vorhandenen Arbeitsplätze wurden neu zugeschnitten, um notwendige Aufgaben erweitert, und schon war Platz für Bastian. Man nahm die gebotenen Hilfen von außen in Anspruch, und nun macht Bastian mit Begeisterung sein Ding. 

Der kleine Charmeur hat sich zudem die Herzen der Kolleginnen und Kollegen erobert. Alle reden nun von „unserem Bastian“. Heimlich, still und leise hat sich sogar das Betriebsklima verändert. Man nimmt viel mehr Rücksicht aufeinander und unterstützt den Jungen, wo es geht. 

Ich glaube, Bastian hat erleben dürfen, was im Markus-Evangelium von einem  Gelähmten berichtet wird. Eine abenteuerliche Geschichte: Vier Helfer hatten das Dach aufgehackt und den Kranken abgeseilt – Jesus direkt vor die Füße. Angesichts dieses Glaubens spricht der sein Machtwort: „Ich sage dir: Steh auf!" (Markus-Evangelium 2,11).

  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20518
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