SWR1 3vor8

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Warum, fällt es mir oft so schwer, positiv zu sein? Ich mache mir eher Sorgen, sehe Probleme. Das geht wie von allein. Gutes zu sehen, dafür muss ich mich richtig konzentrieren. Dabei gibt es viel Gutes in meinem Leben, wofür ich dankbar sein kann. Liegt es vielleicht daran, dass ich ein bisschen – ja wie soll man es nennen - güteblind bin?
Anscheinend ist sie nicht neu, die Güteblindheit. Güteblind waren die Menschen früher schon. Drastisch erzählt das eine Geschichte aus dem Neuen Testament, die heute in den evangelischen Gottesdiensten im Mittelpunkt steht.
Da kommt Jesus zu einem kleinen Dorf in der Provinz. Vor dem Dorf trifft er eine Gruppe von 10 Männern. Alle krank: Sie haben Aussatz. Wie das Wort sagt: Die 10 mussten leben wie ausgesetzt, ausgestoßen aus der Gemeinschaft, draußen vor dem Dorf. Durch die Begegnung mit Jesus werden alle 10 gesund. Alle 10 machen diese unglaubliche Erfahrung. Aber dann: Einer bloß kommt zurück und bedankt sich bei Jesus für seine glückliche Heilung. Und Jesus fragt ganz baff: ‚Und die anderen neun? Wo sind die? Die sind doch auch gesund?‘
Bloß einem wird also bewusst, was ihm da Gutes passiert ist. Er bedankt sich. Einer von 10. Vielleicht waren die Menschen damals sogar noch güteblinder als wir heute. Aus dem Krankenhaus weiß ich jedenfalls. Da kommen bestimmt mehr als 10 % der Patienten, die geheilt entlassen worden sind, noch mal vorbei und bedanken sich bei Ärztinnen und Pflegern. Gut, ob sich mehr als 10% auch bei Gott bedanken?
Das größte Problem an der Güteblindheit ist m.E. gar nicht mal, dass man den Dank verweigert. Güteblindheit und Undankbarkeit trifft vor allem mich selbst. Ich bleibe aufs Negative fixiert. Auf Sorgen, auf Probleme, auf das Ungute. Da kommt man nicht raus, wenn man güteblind ist.
Der eine in der biblischen Geschichte, der sich bedankt hat, ist nicht nur geheilt worden. Er schaut jetzt auch anders auf sein Leben. Mit helleren Augen. Nicht dass er alles nur noch rosarot sieht. Aber mit einer positiven und dankbaren Lebenseinstellung kann man besser kämpfen gegen Sorgen und Probleme.
Kann man was tun, wenn man wie ich eher ein bisschen güteblind ist?
Ich habe festgestellt, ich sehe das Gute mit der Zeit schon auch, wenn ich mich konzentriere. Aber ich muss zweimal hinschauen, damit ich neben den Sorgen auch das Gute im Leben sehe. Seit ich das weiß, versuche ich das. Zweimal hinschauen. Dann ist auch Güteblindheit heilbar.

Lukas 17,11-19
Später, immer noch auf der Reise nach Jerusalem, zog Jesus durch
das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. Er kam in ein Dorf.
Dort begegneten ihm zehn Männer, die an Aussatz erkrankt waren.
Sie blieben in einiger Entfernung stehen und riefen laut:
“Jesus, Meister hab Mitleid mit uns!«
Jesus sah sie an und sagte zu ihnen:
»Geht und zeigt euch den Priestern!«
Und dann, als sie noch unterwegs waren, wurden sie geheilt und rein.
Einer von ihnen kehrte wieder zurück, als er merkte, dass er geheilt war.
Er lobte Gott mit lauter Stimme, warf sich vor Jesus zu Boden und dankte ihm.
Und das war ein Mann aus Samarien.
Da fragte Jesus ihn:
»Sind nicht zehn Männer rein geworden? Wo sind denn die anderen neun?
Ist sonst keiner zurückgekommen, um Gottes Herrlichkeit zu loben –
nur dieser Fremde hier?«
Und Jesus sagte zu ihm:
»Steh auf, du kannst gehen! Dein Glaube hat dich gerettet.«

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