Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Religionen sind Privatsache und Ihre Beiträge haben im Radio nichts zu suchen. In der Urlaubszeit, wenn die Menschen mehr Zeit zum Schreiben haben, kriege ich öfter solche Zuschriften. „Ich als überzeugter Atheist fühle mich dadurch belästigt“, schreibt ein Mann. Und ein anderer schreibt: „Wir haben Religionsfreiheit. Besser wäre, wir wären religionsfrei.“
Ich antworte immer und oft kriege ich dann ganz freundliche Antworten.
Heute Morgen möchte ich mal öffentlich antworten, weil ich mich schon länger frage: Wieso behaupten manche, Religionsfreiheit heißt, frei von Religion sein? Meinungsfreiheit heißt doch auch nicht, frei von Meinungen zu sein. Ob der Briefschreiber auch sagen würde: Ich fühle mich von Ihrer Meinung belästigt, weil ich anderer Meinung bin?
Vielleicht ist es ja wirklich genau das, was manche Menschen so ärgert. Sie wollen keine andere Meinung hören. Sie wollen nicht, dass ihre Meinung, ihr Atheismus, ihr Sozialismus, ihr Pietismus in Frage gestellt wird, weil jemand etwas anderes denkt.
Es gibt mehr als 60% Christen in unseren Land, in Baden Württemberg sogar um die 80%. Ich finde, die sollten ihre Auffassungen von der Welt und vom Leben auch öffentlich sagen dürfen. Mitglieder in Fußballvereinen gibt es deutlich weniger. Aber gefühlt jeden 3. Abend im Fernsehen Fußball. Ob sich davon niemand belästigt fühlt?
Ich bin frei heißt für viele: ich kann tun und lassen was ich will und keiner darf mir da reinreden. Das könnte mich verunsichern. Und das ist mir lästig. Mit dem Wort Freiheit kann man vieles verschleiern: Es gibt Kriege im Namen der Freiheit und die Freiheit, sich selbst das LEben zu nehmen, Freiheit, Steuern durch Hinterziehung zu sparen, Freiheit zu rücksichtslosem Fahren, Freiheit, der Gier freien Lauf zu lassen. Wir leben in einem freien Land. Da kann jeder machen, was er will.
Ich finde, das ist eine falsche Vorstellung von Freiheit. Und als Christin nehme ich mir die Freiheit, anderer Meinung zu sein und dies auch zu sagen. Ich möchte damit niemanden belästigen. Aber anregen würde ich schon gern.
So, wie Jesus die Leute zu seiner Zeit angeregt hat. Zum Beispiel mit solchen Sätzen: „Liebt eure Feinde! … Auch Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte...Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, was tut ihr damit Besonderes?“ (Mt 5,44ff):
Manche haben sich davon belästigt gefühlt. Damals schon. Später haben sie ihn dafür hingerichtet. Gott sei Dank, dass wir in Deutschland heute Religionsfreiheit haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20405
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