Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Befinden wir uns im Dritten Weltkrieg – und merken es nicht? Manche Beobachter der gegenwärtigen Weltlage meinen das und sie sagen das auch. Sie sagen: Es gibt Hinweise darauf, dass wir uns längst in einer Art Kriegszustand befinden. Wenn wir die Verhältnisse genauer anschauen, zeigen sich erschreckende Tatsachen: Zur Zeit sind weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht, mehr als nach 1945, mehr als jemals zuvor. Die Flüchtlinge sind an Leib und Leben bedroht, weil sie in ihrer Heimat verfolgt werden. Weil sie eine Religion, eine politische Einstellung oder eine Herkunft haben, die denen nicht passt, die dort gerade das Sagen haben. Ob ihnen das mit vorgehaltener Waffe gesagt wird oder nicht – für die Betroffenen ist das ein Krieg, der gegen sie geführt wird. Sie verlieren alles, was sie haben und bangen um ihr Leben.

Neben den vielen regionalen Konflikten gibt es an etlichen Stellen der Erde handfeste kriegerische Auseinandersetzungen, mit schwerem militärischen Gerät: in der Ukraine zum Beispiel und in Syrien, in Libyen, im Sudan und in Nigeria. Russland will seine Atomraketen erneuern und ihren Bestand erhöhen. Die USA führen öffentlichkeitswirksame Manöver durch, um zu zeigen, dass an ihnen keiner vorbei kommt.

Und noch ein Kampf hat längst begonnen: der um Rohstoffe wie Erdöl, Wasser, Holz, seltene Metalle für die wachsende Elektronikbranche. Das Ergebnis sieht überall gleich aus: Die ärmeren Länder unterliegen, weil sie von den Industrienationen abhängig sind.

Das alles zusammen genommen, gibt mir schwer zu denken, macht mich traurig, jagt mir Angst ein. Könnte es sein, dass ich nur meine, im Frieden zu leben? Rede ich mir selbst etwas ein, weil es mir hier gut geht, und übersehe dabei, dass der Krieg näher kommt? Ich neige nicht besonders zum Schwarzsehen und will auch keine Angst verbreiten, aber ich höre die Stimmen, die warnen: „Nehmt das nicht zu leicht, was da geschieht! Ihr müsst jetzt etwas tun, bevor es zu spät ist!“ Es gehört unabänderlich zum christlichen Glauben, sich für den Frieden einzusetzen. Das bedeutet: Ich muss wach sein. Ich muss meine Stimme erheben, wo der Friede in Gefahr ist. Der Blick in die Geschichte lehrt uns, dass das selten früh genug sein kann.

Das schöne Bild des Friedens auf Erden hat Risse. Überall. Kinder, die verhungern. Menschen, die aus Angst um ihre Existenz fanatisch und radikal werden. Mir scheint, die Risse werden tiefer. So fängt der Krieg im kleinen an. Und wir tun gut daran, den Anfängen etwas entgegen zu setzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20288
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