Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Scheiden tut weh, lernen schon die Kinder im Kindergarten. Wer schon mal Abschied nehmen musste, der weiß, wie das ist. Scheiden tut weh. Ehescheidung erst recht. Die zwei, die sich jetzt trennen müssen, die hatten doch irgendwann mal Pläne miteinander. Die haben gemeint, dass das Leben miteinander schöner und reicher würde als für jeden allein. Und dann war es ganz anders geworden. Manchmal ist Gewalt im Spiel oder eine Sucht, die alles verändert. Das kann einen ganz hilflos machen. Und wie oft kann man gar nicht so genau sagen, wer nun Schuld hat oder was. Meistens haben beide irgendwas versäumt, zu spät gemerkt, dass es so nicht bleiben kann. Und manchmal gibt es dann keinen Weg mehr zurück. Man findet nicht mehr zueinander. Das tut weh.
Man soll sich ja auch nicht scheiden lassen, sagen Sie jetzt vielleicht. Christen erst recht nicht. Jesus selbst hat doch gesagt: „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden!“ (Mk 10.9) Das ist ja nicht einfach altmodische Schikane, sondern soll verhindern, dass Menschen sich gegenseitig wehtun. Natürlich wäre es gut, wenn die zwei, die sich versprochen haben, einander in Freud und Leid treu zu bleiben, das auch halten könnten. Aber: die Wirklichkeit ist leider manchmal anders. Was dann? Manche sagen: dann wird aus „bis der Tod euch scheidet“ – lebenslänglich. Das hat Jesus bestimmt nicht gewollt.
Zu seiner Zeit war es ganz einfach, sich scheiden zu lassen, jedenfalls für Männer. Die konnten ihre Frauen einfach fortschicken. Und die Frauen waren dann schutz- und hilflos und auf Almosen angewiesen. Damals hatten Frauen ja keinerlei eigenes Einkommen. Bestenfalls konnten sie hoffen, sich wieder zu verheiraten um versorgt zu sein. Um die Frauen vor solcher Notlage zu schützen, hat Jesus die Scheidung ausdrücklich verboten. Die Frauen sollten nicht in Not geraten.
Gott sei Dank sind die Zeiten heute anders. Und wenn es nicht mehr anders geht, dann ist es gut, wenn man es so zu Ende bringt, wie man es angefangen hat. In Verantwortung füreinander. Möglichst, ohne einander noch zusätzlich zu verletzen. So, dass beide leben können und neu beginnen. Wenn wir es nicht mehr miteinander können, aus welchem Grund auch immer: dann kann ich doch helfen, dass es jeder für sich allein schaffen kann. Steine aus dem Weg räumen, statt einander noch mehr Steine in den Weg zu legen.
Scheiden tut weh. Gut wäre, wenn man am Ende dem anderen Gutes Wünschen könnte und Ade sagen. Ade heißt Adieu - Gott befohlen. Vielleicht tut es dann mehr ganz so weh. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2019
weiterlesen...