SWR2 Wort zum Tag

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Treue braucht Gegenseitigkeit. Wird die Treue von einem gebrochen,   ist die Beziehung damit zerstört.  So sahen das zumindest die Menschen im alten Testament.  Wenn eine Frau ihren Ehemann betrogen hatte, dann wurde sie verstoßen. Denn sie hatte seine Liebe und seine Ehre mit Füßen getreten. 

Um so merkwürdiger ist die Geschichte des Propheten Hosea aus dem Alten Testament.  Hosea soll– im Auftrag Gottes - eine Prostituierte heiraten.  Um damit zu demonstrieren, wie es um das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk stand!  Dabei hatte Gott doch dieses Volk erwählt und mit ihm einen besonderen Bund geschlossen.   Aber Israel hatte diese Liebe, die einzigartige und ausschließliche Beziehung zu seinem Gott, verraten.. Es hatte auch den anderen Göttern geopfert,  die  von den Völkern ringsum verehrt wurde. Dabei ging es um Fruchtbarkeitskulte, wo man sich in orgiastischen Feiern  der Tempelprostitution hingab.( So wollte man Fruchtbarkeit und Wachstum um jeden Preis erzwingen.) Unpersönlicher Sex wurde zum Gottesdienst. Das war nicht vereinbar mit der Beziehung zu Gott, wie sie das Volk Israel leben sollte. Wenn also  JHWH ausgerechnet eine Tempelprostituierte zum Sinnbild für das Volk Israel macht, bedeutet das, dass er sein untreu gewordenes Volk verstoßen wird. Hosea soll in seinem Auftrag sagen: 

„Ich bestrafe sie für all die Feste, an denen sie den fremden Göttern (den Baalen) geopfert hat. Sie hat ihre Ringe und ihren Schmuck angelegt und ist ihren Liebhabern gefolgt, mich aber hat sie vergessen. Ich verwüste ihre Reben und Feigenbäume, ich mache ihre Weinberge zur Wildnis, die wilden Tiere fressen sie kahl.“   

Bis dahin folgt eigentlich alles dem Drehbuch einer maßlos enttäuschten Liebe. Gott schickt sein Volk in die Wüste.  Aber dann gibt es eine überraschende Wendung.  Hosea soll seiner treulosen Frau nachgehen und sie noch einmal lieben.  Denn Gott will  sich von neuem seinem  Volk zuwenden und einen neuen Bund mit ihm schließen. Hosea spricht noch einmal im Auftrag Gottes

„Ich traue dich mir an auf ewig, ich traue mich dir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen. Ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue.“ 

Das ist einer meiner Lieblingstexte. Er spricht von einem Gott, der sich auf ewig mit uns verbindet.  Diesem Gott ist die Ehe heilig, und er weiß auch um die Heftigkeit einer verletzten Liebe. Und doch kann er von seiner Liebe zu uns nicht lassen. Seine Treue ist größer als unsere Treulosigkeit, und so macht er einen Neuanfang möglich.


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