Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eine Hand auf dem Rücken eines Menschen. Gesehen bei einer Trauerfeier. Ein Mensch ist ergriffen, weint. Und der Mensch in der Bank hinter ihm legt ihm sanft eine Hand auf den Rücken. Wie schön dachte ich. Aber auch wie schwer es ist, den Tod zu überleben.

„Den Tod überleben“ – ein widersprüchlicher Satz. Denn Tod ist Tod und Leben Leben denkt man doch. Aber so getrennt sind Leben und Tod gar nicht. Und ohne den Tod wäre das Leben sicher nicht so intensiv und kostbar.

Der Tod lässt uns spüren, was wichtig ist in unserem Leben, wie ein unsichtbarer Formgeber, der den Sinn des Lebens plastisch macht. Darum wird uns auch so Vieles erst richtig bewusst, wenn es fehlt, am heftigsten, wenn ein Mensch gestorben ist der uns nahe steht. Da erfährt man dann die ganze Wucht des Todes. Die Zeit scheint still zu stehen, man selbst ist wie gelähmt. Als ob der Tod eines geliebten Menschen auch das Leben aus meinem Leben ziehen könnte.

Aber wir haben viele gute Hilfsmittel, die uns Hinterbliebenen helfen den Tod zu überleben. Allen voran andere Menschen, die zeigen dass das Leben weiter geht indem sie da sind. Ganz einfach da sind. Trauerfeiern und Gottesdienste helfen den Tod in all seiner Größe zu würdigen, ihm aber auch seine Grenze zu zeigen, ihm seinen Platz zuzuweisen außerhalb des Lebens.

Vor allem aber ist es die Liebe, die dem Tod die allumfassende Macht nimmt. Sie reicht über das Leben hinaus. Nicht nur der Tod berührt die Unendlichkeit, auch die Liebe. Dieses wunderbare Band aus Gefühlen, Erinnerungen und gelebtem Leben kann auch der Tod nicht zerschneiden.

Für glaubende Menschen schließlich ist der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang eines neuen Lebens. Das endgültige Überleben des Todes. Ganz geborgen, ganz bei Gott – in einer anderen Daseinsform. Ganz der Mensch, der ich in diesem Leben war und doch ein ganz anderer, ganz neu, göttlich neu. Und dort wieder ganz verbunden mit den Menschen, die nicht mehr in dieser Welt sind, deren Liebe aber noch in unsere hinüber reicht. Denn „Menschen begleiten uns eine Weile“, sagt der Dichter Rainer Maria Rilke, „ aber einige bleiben für immer, denn sie hinterlassen Spuren in unseren Herzen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20090
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