Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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"Nun guck doch mal, wie schön es hier ist!“ Seine erwachsenen Kinder soll man ja nicht erziehen und ermahnen. Aber manchmal ist mir das doch herausgerutscht, als ich im Frühjahr eine Woche mit meinem Sohn Urlaub gemacht habe.
Ab und zu musste ich mich auf eine Bank setzen. Wegen der wehen Füße. Aber auch, weil ich mich in Ruhe umschauen und alles richtig anschauen wollte. Dann hat mein Sohn sein Smartphone aufgeklappt. Und nach dem Weg zu der nächsten Sehenswürdigkeit gesucht und wo man in der Nähe gut essen kann. Oder was seine Freunde in Deutschland gerade machen. Ab und zu hat er ihnen ein Selfie geschickt, damit sie auch wissen, wo er gerade ist. Aber ob er selber das wirklich wahrgenommen hat? Wie schön es da ist, wo er gerade ist?
Ich gebe zu, manchmal ist so ein Smartphone auch im Urlaub sehr nützlich. Es ist toll, wenn es einem den Weg zeigt. Aber suchen kann man immer nur, was man schon kennt.
Deshalb: „Guck doch mal, wie schön es hier ist!“ Etwas Neues, das einen bereichert und beeindruckt, das findet man, wenn man sich umguckt. Dann sieht man den steinernen Engel an der Kirche gegenüber, der einen anlächelt. Oder das Denkmal eines Seefahrers, der aufs Meer hinaus schaut und irgendwann mal fremde Kontinente entdeckt hat. Oder wie blau das Meer ist und ein Gedicht fällt einem ein, dass man als Schulkind gelernt hat. Und wenn man sich mal verläuft oder einen Umweg nimmt: Dann findet man etwas, womit man überhaupt nicht gerechnet hat. Ich finde es nicht so schlimm, sich im Urlaub ab und zu zu verlaufen.
Neues entdeckt man, wenn man sich umschaut: Das wussten schon die Psalmbeter, die vor Jahrhunderten gebetet haben: „Schaue ich hinauf zum Himmel, Gott, staune ich über das Werk deiner Finger. Betrachte ich den Mond und die Sterne, die du dort oben befestigt hast, so frage ich: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst? Wie wertvoll ist das Menschenkind, dass du dich darum kümmerst?“ (Psalm 8, 4f)
Wenn man sich umschaut, regt einen das an zu neuen Gedanken. Deshalb meine ich immer noch, es tut gut, sich ab und zu mal hinzusetzen und sich in Ruhe umzusehen. Das kann man im Urlaub, und mein Sohn hatte auch immer Verständnis, wenn ich mich schon wieder irgendwo hinsetzen wollte.
Und am Sonntag. Da kann man das auch: Losgehen und sich umschauen. Man muss bloß das Smartphone soweit wie möglich in Ruhe lassen. Dann hat man auch selbst mehr Ruhe und Aufmerksamkeit. Die wünsche ich Ihnen für heute und bei allem, was Sie vorhaben: „Schauen sie doch mal, wie schön das ist!“

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