Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Papst Franziskus ist inzwischen für seine zuweilen markigen Sprüche bekannt. Er nimmt dabei wenig Rücksicht, ob seine Meinung andere irritiert. Das scheint er entweder einzukalkulieren, oder es ist ihm egal. Mir ist beides sympathisch, weil dieser Mann dadurch echt wirkt, authentisch. Und weil es ihm so möglich ist, Themen anzusprechen, die andere aus taktischen Gründen lieber umgehen.

An Pfingsten hat Franziskus wieder mal so einen markigen Satz gesagt. Er lautet: "Wenn wir glauben, dass die Theologen sich einig werden, werden wir die Einheit nach dem Jüngsten Gericht erreichen." Also am Sankt Nimmerleins-Tag. Franziskus sagt das in Bezug auf die Ökumene. Offenbar wünscht er sich, dass es da schneller vorwärts geht - im Miteinander der vielen christlichen Kirchen und Gemeinschaften, die es gibt. Aus seiner Formulierung spricht Ungeduld. Und die darf man ja auch tatsächlich haben, wenn man sieht, wie schwer sich die Konfessionen miteinander tun – oft schon in Kleinigkeiten. Wirklich erstaunlich an seiner Aussage ist aber die Skepsis gegenüber den Theologen. Wenn es darum geht, einen Fortschritt in der Ökumene zu erzielen, dann hatten sie bisher das Heft in der Hand. Sie haben über die Wahrheit bestimmt. Und haben dabei eben in vielen Fragen nicht zueinander gefunden. Jetzt will der Papst aber nicht länger warten, bis sich die Theologen verständigt haben. Sein Wort hört sich so an, als ob er die Wahrheit auch anderswo suchen will. Vielleicht dort, wo Christen unterschiedlicher Bekenntnisse schon lange gut zusammen arbeiten. In Familien, wo die Eltern zu unterschiedlichen Glaubensrichtungen gehören. Es muss dabei nicht sofort um das gemeinsame Abendmahl gehen. Oder um das Papstamt. Vermutlich hat Papst Franziskus gerade bei diesen Themen lange genug erlebt, dass theologische Debatten nicht weiter führen. Was mich schon lange ärgert und viele Menschen in den Kirchengemeinden auch, dass empfindet der Papst genau so: Wir müssen endlich einen Schritt weiter kommen. Weil uns der Rest der Menschheit sonst nicht länger ernst nimmt. Weil wir sonst zu viel verspielen, was kostbar ist über die Grenzen der unterschiedlichen Konfessionen hinweg. Dokumente und Erklärungen gibt es mehr als genug. Aber echte Zeichen?! An denen alle erkennen, dass die Worte der Bibel Folgen haben. Auch die, die nichts mit der Kirche zu tun haben. Vielleicht muss jede Seite dazu auf etwas verzichten, was ihr vertraut ist. Weil unsere Welt einen vereinten Glauben der Christen so gut brauchen könnte.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19981
weiterlesen...