Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Geheiligt werde Dein Name.“ Das klingt feierlich. Das Gegenteil wäre, schlecht über jemanden reden, über einen herziehen, ihn beschimpfen, lächerlich machen. Wenn Christen das „Vaterunser“ beten, dann heißt es gleich zu Beginn: „geheiligt werde Dein Name.“ Über Gott zu lästern war deshalb streng verboten.
Es wird erzählt, Jesus habe gesagt: „So sollt ihr beten“. Seine Anhänger waren offensichtlich verunsichert, alte Traditionen passten nicht mehr. Der ferne, strafende Gott, entsprach nicht mehr der neuen Art an Gott zu glauben. Jesus predigte nicht den Gott der Ahnen, den Herrscher über die himmlischen Heerscharen, der bestimmte Rituale einforderte. Jesus sprach von Barmherzigkeit und Liebe und handelte auch danach. Jesus sprach von Gott, der einfach da ist. Für Jesus war Gott so nah und greifbar wie eine konkrete Person, ein liebevoller Vater.
Nicht alle Väter entsprechen diesem Idealbild des liebenden Vaters. Es kann deshalb schwer fallen, an einen Gott zu glauben, der wie normale Väter oder Mütter auch Fehler haben könnte. Ein alkoholkranker, gewalttätiger Vater zum Beispiel kann das Gottesbild von einem liebenden Vater ganz schön trüben. Und dann noch seinen Namen heiligen? Einen bärtigen alten Mann auf seinem Wolkenthron? Es ist ein naives Bild, das ich schon als Kind abgelehnt habe. Gott als Person anzusprechen ist nicht selbstverständlich, aber ihm Respekt zu zeigen, das ist möglich.
Spannend finde ich deshalb einen Text, der versucht, den Sinn des „Vaterunsers“ in unsere heutige Kultur zu übertragen, und das klingt dann so: „Sinn des Universums, Schöpfungskraft. Ich habe Respekt vor Dir.“
Obwohl wir immer weiter vorstoßen in die Unendlichkeit des Kosmos bleibt das Universum ein Geheimnis. Obwohl es immer genauere Beschreibungen des Urknalls gibt, weiß niemand: weshalb? wozu? Obwohl wir inzwischen glauben zu wissen, was notwendig ist, damit biologisches Leben entstehen kann, weiß niemand welcher tiefere Sinn dahintersteckt. Auch Nobelpreisträger müssen hier kapitulieren und bescheiden zugeben, dass uns dieses Wissen wahrscheinlich ewig verborgen bleibt. Wir können darüber nur ehrfürchtig staunen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19925
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