Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In wenigen Tagen wird Schloss Elmau zur Festung. Dort treffen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Wirtschaftsnationen zum jährlichen G-7-Gipfel. Um was geht’s? Unter anderem um das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. „TTIP“, wie man es nennt, soll Konzernen erlauben, nationale Regierungen vor privaten Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn Gesetze ihre Gewinne schmälern. Verbraucherschutz, Umweltstandards, aber auch Arbeitnehmerrechte – alle demokratisch legitimiert – wären damit eminent bedroht. Jede Regierung ginge angesichts horrender Schadenersatzforderungen in die Knie. Abgesehen davon, dass die Drittländer auf den Weltmärkten vollends abgehängt würden.

Nun regt sich massiver Widerstand, denn viele Menschen haben längst kapiert, dass uns nicht „freier“ Handel rettet, sondern nur „fairer“ Handel. Das geplante TTIP ist sowas von gestern! Schon heute werden Kaffee, Bananen und viele andere Produkte fair gehandelt. Tendenz steigend! Und die Deutschen sind bereit, dafür auch tiefer in die Tasche zu greifen.

Ich träume von einem „Elmauer Welt-Handelsabkommen“, in dem sich alle Marktteilnehmer verpflichten, die Menschenrechte einzuhalten und soziale und ökologische Standards zu respektieren. Die „Kern-Arbeitsnormen“ wären bindend. Sie garantieren gerechten Lohn in allen Ländern, das Verbot der Kinderarbeit und vor allem das Recht, freie Tarifverträge abzuschließen.

Die „Wertschöpfungsketten“ würden transparenter und wir wüssten, woher zum Beispiel die Klamotten kommen, die wir am Leib tragen. Und vor allem, wie sie produziert worden sind. In maroden Fabriken etwa, die zusammenkrachen und Menschen unter sich begraben? Von Frauen und Kindern zu Hungerlöhnen zusammengestoppelt? Oder hierzulande zu Spottpreisen vermarktet – in Handelsketten, die Betriebsratswahlen verhindern und Niedriglöhne bezahlen?

Ein „Elmauer Welt-Handelsabkommen“ könnte das alles regulieren. Statt dessen aber bleibt zu befürchten, dass ein geheim ausgehandeltes Vertrags-Monster Menschen- und Arbeitnehmerrechte und vor allem die Demokratie dem Profit unterwirft.

Da halte ich es lieber mit dem verstorbenen Papst Johannes Paul II., der klar und deutlich gefordert hat: „Niemals darf die Globalisierung...der Wirtschaft und des Handels die Würde der Menschen oder die Freiheit und Demokratie der Völker verletzen.“

(Johannes Paul II. In seiner Predigt vor Stahlarbeitern am 1. Mai 2000).

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19885
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