Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Schlapphüte kommen einfach nicht aus den Schlagzeilen. Einmal schauen die Geheimdienstler weg, wo sie hingucken müssten. Ein andermal gucken sie hin, wo sie nichts verloren haben. Sie werden vor allem nicht müde, uns mit modernster Technik bis in die Tiefen unserer Seele auszuspähen. Inzwischen kennen die mich besser, als ich mich selbst. Bei diesen Umtrieben würde sogar die abgewickelte Stasi-Firma „Horch und Guck“ vor Neid erblassen.     

„Horch und Guck“ - das ist übrigens ein Markenzeichen des biblischen Gottes – natürlich nicht als allmächtige Datenkrake, die uns ausspioniert. Seine „Suchbegriffe“ unterscheiden sich gewaltig von denen der Geheimdienste, wenn Gott sagt: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber gehört. Ich kenne ihr Leid“ (Buch Exodus 15,7). Elend, Klage, Leid – das sind die „Selektoren“, auf die Gott anspringt. Dann arrangiert er das große Werk der Befreiung seines Volkes aus der Sklaverei in Ägypten.

„Horch und Guck“ - das ist auch das Kennzeichen eines wahren Christenmenschen: Hinhören und Hinsehen – nicht als „Blockwart“ oder als Spitzel, sondern um am Leben der Menschen Anteil zu nehmen, an allem, was sie ängstigt und bedrückt.

Dazu muss man allerdings das Smartphone zur Seite legen und den Menschen direkt in die Augen blicken. Den Trauernden zum Beispiel, denen wir manchmal aus dem Weg gehen, und die so dankbar sind für unsere Anteilnahme. Den Armen, die vor den Tafelläden Schlange stehen. Wer hinschaut und hinhört, dem bleibt die Einsamkeit eines alten Menschen, die Not einer Alleinerziehenden, das Leid einer Flüchtlingsfamilie nicht länger verborgen. Das alles geht nicht mehr spurlos an uns vorüber, denn unsere „Software“ schlägt Alarm, wo wir „Elend, Klage und Leid“ der Menschen begegnen.

Dieses Alarmsystem ist für Christenleute verbindlich. Das  „Zweite Vatikanische Konzil“, das vor fünfzig Jahren zu Ende ging, hat den christlichen Auftrag so formuliert: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jüngerinnen und Jünger Jesu Christi.“ („Kirche in der Welt von heute“, Abs. 1)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19883
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