Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wo war denn Gott als ich mir eine neue Arbeit gesucht habe? Ich habe mich so darauf verlassen. Ich habe sogar in der Kirche eine Kerze angezündet. Und dann hat sich alles zerschlagen!“ Das hat mir eine Frau erzählt. Sie war offensichtlich immer noch wütend, dabei war die Sache schon einige Jahre her.
„Wo war denn Gott?“ Ich kann sie so gut verstehen. Und gleichzeitig denke ich, dass sie mir gerade ein Beispiel dafür gibt, wie seltsam unsere Vorstellung von Gott manchmal ist.
Mir geht das ja auch so. Ich wünsche mir etwas. Ich habe meine Vorstellungen von dem, was gut ist, ich bete, und dann meine ich, Gott müsste jetzt genau das tun, was ich mir vorstelle. Weil Gott es ja gut meint mit mir und auch das Gute will.
Aber wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er doch eigentlich nicht derjenige, der das tun muss, was ich mir ausgedacht habe. Das wäre ja wirklich ein seltsamer Gott, dem man Vorschriften machen kann!
Ich bin so froh, dass ich in einer Zeit lebe, in der Vieles nicht mehr so eng gesehen wird wie früher. Auch in der Kirche und im Glauben gibt es viel mehr Freiheit als in früheren Generationen. Die Menschen haben nicht mehr so oft Angst davor, dass Gott immer gleich straft oder verurteilt. Aber mir scheint: Inzwischen vergessen wir manchmal, mit wem wir es zu tun haben, wenn wir von Gott sprechen.
In der Bibel steht einmal: „Ein Mensch denkt sich manches aus, aber das letzte Wort dazu spricht Gott“ (Sprüche 16,1).
Also nichts gegen eigene Vorstellungen, Träume und Wünsche. Auch nichts gegen Ideen und Pläne vom eigenen Leben oder einfach von dem, was gut ist. Ein Mensch denkt sich manches aus. Und das ist ganz und gar richtig so.
Aber das letzte Wort dazu spricht Gott.
Mir wird es deshalb immer wichtiger zu fragen, was Gott mit dem zu tun hat, was ich mir vorstelle. Ist er einfach nur der, der dann tun soll, was ich für gut halte? Oder lasse ich mir auch sagen, was er für richtig hält?
Mehr und mehr versuche ich schon viel früher zu fragen, ob Gott das wohl wirklich gut findet, was ich mir da so denke. Wann und vor allem wie soll er sich dazu äußern? In der Bibel kann ich manches dazu lesen. In Gottesdiensten kann ich manches dazu hören.
Und noch eines wird mir immer wichtiger. Nämlich von Gott nicht zu fordern, sondern ihn zu bitten – wie ein Kind bitte ich Gott, dass er mir hilft – wie er es für richtig hält.
Wenn Gott wirklich Gott ist, dann hat er das letzte Wort.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19808
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