Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wie reden Sie über Ihre Kollegin oder Ihren Chef? Und: Wie beurteilen Sie als Vorgesetzte Ihre Mitarbeitenden? Das sind heikle Fragen. Denn oft läßt man an denen, mit denen oder für die man arbeitet, „kein gutes Haar“. Man geht ruppig miteinander um, verletzt durch Worte oder Gesten. Man macht Stimmung gegen Kollegen. Es mangelt oft an gegenseitiger Wertschätzung – für das, was jemand tut ebenso wie für das, was jemand ist. Wie wenig es braucht, um mangelnde Wertschätzung auszudrücken, zeigte der Managerkrimi der letzten Wochen. Dieser Krimi ist ein Lehrstück, wie Menschen auf allerhöchstem sozialem Niveau miteinander umgehen. Solch ein Umgang macht mich nachdenklich und ratlos.
Weil aber momentan die wirtschaftlichen Umgangsformen viele Bereiche unseres Miteinanders prägen, wird der Ton sogar in Familien, Vereinen, Gemeinschaften und Kirchen immer rauer. Man erwartet Spitzenleistungen, wünscht „Perfektion“. Doch Perfektion ist keine Kategorie mitmenschlichen Bewertens. Wer kann schon sagen, wie ein Mensch „perfekt“ erzogen ist; ein Schüler „perfekt“ unterrichtet wird; ein Arbeiter „perfekt“ mitarbeitet; ein Christ „perfekt“ lebt? Niemand kann das verbindlich für andere festlegen. Es gibt keine perfekten Menschen.
Ich kenne viele Menschen mit Begabungen und Möglichkeiten, mit Fehlern und Unzulänglichkeiten. Sind diese mit sich, ihren Stärken und Schwächen im Reinen, begeistert mich das. Ich mag unwiderstehlich-echte Zeitgenossen. Ich mag zuverlässig-selbstlos handelnde Menschen. Ich liebe Menschen, die mit ihren Mitmenschen achtsam umgehen. Selbstlos-umsichtige Zeitgenossen machen die Gesellschaft lebenswerter.
Wer freundlich, mitmenschlich und wertschätzend lebt, verändert sogar sein eigenes Umfeld. Denn auch dies wird freundlicher und mitmenschlicher. Ein lebenswert-mitmenschliches Umfeld ist erstrebenswert. Achten Sie also heute auf Mitmenschen, die Ihnen zuvorkommend, mit Achtung und Wertschätzung begegnen – und freuen Sie sich an Ihnen. Und lassen Sie sich ruhig auch einmal selbst zu solch positiv-zuvorkommendem Verhalten hinreißen. Ich wette: Es lohnt sich – für Sie und Ihre Mitmenschen. 

 
https://www.kirche-im-swr.de/?m=19800
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