Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ein Freund fragte mich: „Glaubst du wirklich, dass das mit Gott alles stimmt?“ – Das kam direkt und überraschend. Es folgte ein langer Abend mit einem interessanten Gespräch. Ein paar Gedanken daraus möchte ich weitergeben.
Ich stelle mir vor: Ich habe alles Erdenkliche im Leben erreicht. Alle Visionen haben sich erfüllt, alle Ideen konnte ich verwirklichen, alle Ziele erreichen. Dann wird es nicht lange dauern und ich würde weiter suchen, was mir noch fehlt. Und das glaube ich, kann nur Gott sein. Nichts außerhalb von Gott kann mir wirklich genügen. Aber auch nichts über Gott hinaus kann ich mir vorstellen und würde mir dann noch fehlen. (Frei nach einer Idee von Bernhard von Clairvaux, 1091-1153) Mein Gesprächspartner erhebt Einspruch: Der Glaube, dass es Gott gibt, ein Jenseits, ein ewiges Glück – all das könnten auch Wunschvorstellungen sein. Könnte sein, aber warum halten sich diese Wunschvorstellungen so hartnäckig und seit es Menschen gibt? Warum suchen unzählige Menschen Antwort in den Religionen dieser Welt? Und warum sollte ich mich mit großer Sehnsucht und mit so viel Engagement mit etwas beschäftigen, was es gar nicht gibt? Nein, ich kann Gott nicht beweisen. Gott sei Dank kann man das nicht. Das wäre ein kleines Gebilde, was bei solchen Überlegungen herauskäme – alles, nur nicht Gott. Ich glaube, Gott will nicht bewiesen, aber in Freiheit geglaubt und geliebt werden. Er mutet mir zu, einen Sprung des Glaubens zu tun. Und ich glaube, es gehört zu unserem Menschsein, dass wir die Sehnsucht nach Gott wach halten und der Frage nach ihm nicht ausweichen. Ich denke, das ist unter anderem auch der Sinn religiöser Beiträge im Radio.
Und Ich vermute: Gott ist denen näher, die ihn suchen, die nach ihm fragen, als denen, die meinen, ihn zu besitzen oder über ihn Bescheid zu wissen. Mit Gott ringen, um ihn ringen – das lässt mich hoffen. Nicht, dass alles gut ausgeht. Das tut es wahrlich nicht immer, nicht in meiner kleinen Welt und noch weniger in der großen Welt. Trotzdem: Ich möchte hoffen und vertrauen, dass es in Gott einen letzten Sinn und Halt gibt, egal wie es ausgeht.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1973
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