Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Evolution und Schöpfung schienen sich lange nicht zu vertragen. Hier die wissenschaftlich gesicherte Entwicklung des Menschen aus dem Tierreich. Da die Schöpfungsberichte der Bibel ( 900 und 500 v. Chr.), wonach Gott alles, was ist, selbst erschaffen hat – das wollte lange nicht zusammengehen. Doch der Streit zwischen Naturwissenschaft und Glaube schien seit geraumer Zeit beendet zu sein. Man hatte endlich erkannt, dass beide unterschiedlichen Fragen nachgehen. Der Naturwissenschaft geht es mit der Evolutionslehre um den Bauplan dieser Welt, wie alles geworden ist, wie sich alles entwickelt hat. Dem biblischen Schöpfungsglauben geht es um den Plan Gottes mit dieser Welt, dass alles in ihm seinen Ursprung, seinen Sinn und – was meist übersehen wird – sein Ziel hat. Man darf in der Bibel keine Antworten suchen auf Fragen, die die biblischen Schriftsteller gar nicht kannten. Und die Naturwissenschaft wird keine Antwort darauf geben, warum die Welt ist und ob das ganze einen Sinn hat oder nicht. Vor 150 Jahren hat Charles Darwin (1809-1882) die Evolutionstheorie begründet und damit den Streit zwischen Naturwissenschaft und Glaube mit verursacht. Für sich selbst hatte er ihn beigelegt: „Ich glaube, dass die Entwicklungstheorie absolut versöhnlich ist mit dem Glauben an Gott. Ich habe niemals die Existenz Gottes verneint“ – hat er einmal gesagt. Der Streit zwischen Naturwissenschaft und Glaube schien beigelegt. Jetzt wird er wieder neu aufgelegt. Die, die ihn schüren, nennt man „Kreationisten“. Diese neuen Gegner der Evolutionslehre kommen aus den USA und haben Anhänger in polnischen Regierungskreisen. Und einzelne Bischöfe bei uns springen bereits auf diesen Zug gegen jede Vernunft. Was besonders unredlich von denen ist, die das Rad der Geschichte und der menschlichen Erkenntnis zurückdrehen wollen: Wer Evolution und Schöpfung miteinander vereinbaren kann, der wird sofort verdächtigt, gottlos zu sein. Als Christ staune ich über das, was die Naturwissenschaft dazu beiträgt, unsere Welt zu erschließen. Und da dürfen wir noch auf viele Erkenntnisse gespannt sein. Und ich glaube, dass die riesige Veranstaltung des Weltalls und darin Mutter Erde, wir Menschen und unsere Mitgeschöpfe in Gott ihren Ursprung haben und in ihm ihr Ziel finden werden. Ich jedenfalls habe Darwin und die Bibel zum Freund.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=1972
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