Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Vieles im Leben ist Ansichtssache. Man kann die Dinge so oder so sehen. In der Politik zum Beispiel, und natürlich im Sport. So kann man die Bayern aus München lieben, weil es die einzige deutsche Fußballmannschaft ist, die im Halbfinale der Champions League steht. Oder man kann die Bayern gar nicht leiden, weil durch ihre Überlegenheit die Bundesliga seit Jahren langweilig geworden ist. Und auch im Alltag ist vieles Ansichtssache. Bekanntes Beispiel: Der eine sieht das Glas halb voll, und freut sich darüber, der andere sieht das Glas halb leer und ärgert sich. Die Art und Weise, wie ich die Dinge sehe, hat dabei eine ganz entscheidende Bedeutung. Schließlich ist es dasselbe Glas und derselbe FC Bayern. Aber je nach Sichtweise freue ich mich oder ärgere ich mich darüber.

Es gibt unendlich viele Möglichleiten, die Dinge zu deuten und zu beurteilen. Für mich ist auch der Glaube an Gott so eine Sichtweise. Glauben heißt, ich versuche die Welt so zu sehen, wie Gott sie sieht.

Aber woher weiß ich, wie Gott die Welt sieht. Ich denke, indem ich in der Bibel lese. Zum Beispiel kann man an dieser Welt, wenn man in die Zeitung schaut oder die Nachrichten liest, doch mit guten Gründen verzweifeln. Aber wenn ich dann in einem Psalm lese: „Die Güte des Herrn erfüllt die Welt“ (Psalm 33,5b Basisbibel) dann verändert sich etwas. Dann sehe ich zwar immer noch die Kriege und Krisen in der Welt und den steigenden Druck und die wachsende Angst hier bei uns. Aber ich komme ins Nachdenken. Der Satz „Die Güte des Herrn erfüllt die Welt“ bringt mich dazu, Ausschau zu halten nach dieser Güte. Und dann sehe ich sie plötzlich auch - zwischen all dem Anderen: Menschen, die nicht nur an sich selber denken, sondern sich für andere einsetzen. Und ich werde aufmerksam auf die vielen Dinge, die in meinem Alltag gut sind. Musik, Freunde, meine Familie, dass wir alle gesund sind oder einfach ein sonniger Frühlingstag - dafür kann ich wirklich dankbar sein. Das alles gibt es auch. Meine Sicht hat sich verändert. Sie ist hoffnungsvoller geworden.

Glaube heißt für mich, nicht nur die Welt um mich herum mit Gottes Augen zu sehen, sondern auch mich selbst. Auch hier gibt es viele verschiedenen Sichtweisen. Sehr verbreitet ist die des französischen Philosophen Jean Paul Sartre, die sagt: „Ich bin das, was ich aus mir mache“. Gott sieht die Dinge anders: Für ihn bin ich wertvoll, ganz egal, was ich aus mir mache und ganz unabhängig von dem, was ich leiste. Auch diese Sichtweise finde ich in der Bibel und auch mit ihr kann ich besser leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19704
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