Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kantate! Das ist lateinisch und heißt: Singt!
So heißt in der evangelischen Kirche der heutige Sonntag.
Der Sonntag Kantate erinnert daran, wie wichtig Gesang und Musik im Gottesdienst sind.

Und das stimmt, finde ich. Einen Gottesdienst ohne Lieder und Singen kann ich mir gar nicht vorstellen. Warum ist das Singen so wichtig? Ich glaube, weil es neben dem Kopf auch das Herz anspricht. Und das gehört zum Glauben dazu: Glaube hat nicht nur etwas mit dem Verstand zu tun, sondern ganz viel mit dem Gefühl. Das Singen sorgt dafür, dass das Wort Gottes seinen Weg vom Kopf ins Herz findet - dahin, wo es hingehört.

Der Sonntag Kantate ist nach einem Psalm aus der Bibel benannt. „Singt“, heißt es da, „singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ (Psalm 98,1). Das Singen hat also einen guten Grund. Im Singen drückt sich die Freude darüber aus, dass Gott Wunder tut, also: dass er mich immer wieder im positiven Sinn überrascht und staunen lässt.

Der Dichter Paul Gerhard hatte ein besonderes Talent, die Wunder Gottes in Lieder zu packen: Er staunt in seinen Liedern über die Wunder der Natur. Er beschreibt das Wunder, dass Gott seine oft so unvollkommenen Menschen trotzdem liebt. Oder er staunt darüber, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist. Dass Gott freiwillig das Leben seiner Menschen mit all der Mühe und all dem Leid auf sich genommen hat, um ihnen nahe zu sein.

So dichtet er in einem seiner Lieder an Gott gerichtet:

„Nichts, nichts hat dich getrieben / zu mir vom Himmelzelt

Als das geliebte Lieben, / womit [sic. damit] du alle Welt

In ihren tausend Plagen / und großen Jammerlast

Die kein Mund kann aussagen, / so fest umfangen hast.“ (Evangelisches Gesangbuch 11, 5)

Wenn ich die Lieder von Paul Gerhard und von anderen Liederdichtern singe, dann werde auch ich immer wieder neu angesteckt von diesem Staunen.

Leider fällt es mir im Gottesdienst aber oft nicht leicht, zu singen. Ich würde gerne, aber ich kann nicht. Das hat einen ganz schlichten Grund: Viele Lieder im Gesangbuch sind so hoch, dass es mir regelrecht weh tut, sie zu singen. Ich denke, dass das vielen Menschen so geht.  Und das finde ich sehr schade. Ich hoffe deshalb auf ein neues Gesangbuch, dass diese tollen Lieder dem Stimmumfang heutiger Menschen anpasst. Bis dahin mache ich es so: Wenn die Melodie in unerreichbare Höhen geht, brumme ich sie einfach eine Oktave tiefer. Das geht auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19701
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