Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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IS-Terror, Krieg in der Ukraine, Flüchtlingstragödien im Mittelmeer, Hunger im Südsudan. Wenn man das alles sieht und hört, könnte man zweifeln, dass es das Gute gibt. Das verleitet Menschen immer wieder dazu, skeptisch, ja zynisch zu werden oder schicksalsergeben zu resignieren oder einfach wegzusehen. Ich möchte entgegnen: Doch, das Gute ist möglich. Es ist da, es ist wirksam. Trotz allen Leids und allem Schrecklichen, das wir Tag für Tag erleben. 

Was mir dabei hilft: das sind die Evangelien in der Bibel. „Evangelium“ heißt übersetzt: „Frohe Botschaft, Gute Nachricht“. Es ist die Geschichte des guten Menschen Jesus. Es ist die Geschichte, die bei dem, der sie hört oder liest, gute Spuren hinterlässt. Der französische Jesuitenpater Christoph Theobald ermöglicht noch einen anderen Blick auf das Wort Evangelium. Er übersetzt das griechische Wort „euaggelion“ mit: die „Botschaft vom Guten“. Darin wird behauptet: Mit Jesus ist das Gute da. Es gibt das Gute – es ist möglich, man kann es erfahren, man kann es tun. 

Es gibt Menschen, die entschlossen handeln, als ob es das Gute doch gäbe. Die sich auch nicht davon beherrschen lassen – wenn sie enttäuscht, ausgenutzt, in ihrem Idealismus frustriert werden. 

Es sind Menschen, die verzeihen und sich entschuldigen können. Menschen, die ermutigen und trösten. Menschen, die spenden, damit Straßenkinder Zukunftsperspektiven erhalten. Menschen, die sich einsetzen, dass vom Aussterben bedrohte Tiere wieder Lebensräume bekommen.

Ein Beispiel, dass das Gute doch das letzte Wort haben kann, ist für mich Izzeldin Abuelaish. Er ist Arzt in Palästina. 2009 wurden seine drei Töchter beim israelischen Einmarsch in Gaza getötet. Trotzdem glaubt er unerschütterlich daran, dass Juden und Palästinenser einmal friedlich zusammenleben können. Dazu hat Izzeldin Abuelaish eine Stiftung gegründet mit dem Ziel: Freundschaften zwischen jüdischen und palästinensischen Mädchen zu fördern und einen Beitrag für ihre schulische Bildung zu leisten. Seine Empfindungen hat er in einem Buch niedergeschrieben: „Du sollst nicht hassen“. Mit dem Untertitel: „Meine Töchter starben, meine Hoffnung lebt weiter“. * 

Ich bin zutiefst davon überzeugt: Wer wie Izzeldin Abuelaish handelt, dem gibt Gott die Kraft dazu. Wer auf die Stimme seines Herzens hört; wer auf die Möglichkeiten hört, Gutes zu tun – der hört auf Gott. Wer sich vom Guten angesprochen weiß – der ist von Gott angesprochen.

 *  Copyright  2011 by Bastei Lübbe, Köln

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19529
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