Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Before I die“ – „Bevor ich sterbe“. Das steht auf der über drei Meter großen Tafel. Darunter ist viel Platz zum Schreiben. Die Tafel stand letzten November in Osnabrück und schon nach kurzer Zeit war sie mit Wünschen voll: Bevor ich sterbe, möchte ich ein Buch veröffentlichen. Fallschirm springen. Die Mondscheinsonate spielen. Gesund werden. Meinen inneren Frieden finden. Großvater werden. Glücklich sein.

Wenn ich vom Ende her schaue, dann verschieben sich Prioritäten. Was gerade wichtig ist, spielt nicht mehr die entscheidende Rolle. Anderes rückt in den Mittelpunkt. Ich erinnere mich an meine Sehnsüchte und Träume, die sonst oft vom Alltag überlagert werden.

Mir tut es gut, wenn ich mich hin und wieder daran erinnere, dass das Leben irgendwann vorbei sein kann. Dann kann ich auch mal Neues ausprobieren. Ich gehe manches an, was ich sonst vor mir her schiebe. Und ich kann auch mit anderen anders umgehen. Die mürrische Art meines Kollegen, stört mich nicht mehr so sehr und ich sage den Menschen, mit denen ich gerne zusammen bin, was ich an ihnen mag und schätze. 

Mit dem heutigen Palmsonntag beginnt die Karwoche. In dieser Woche erinnern sich Christen an die letzten Tage Jesu. Angefangen bei seinem Einzug in Jerusalem, das letzte Abendmahl mit seinen Freunden, den Tod am Kreuz und die Auferstehung. Jedes Ereignis hat seinen eigenen Tag – sei es der Palmsonntag oder Gründonnerstag, der Karfreitag oder Ostern. Und dennoch darf ich nicht nur eines nach dem anderen anschauen. Auch hier lohnt sich der Blick vom Ende her. Denn selbst wenn die Woche vom Leid geprägt ist, steht am Ende die Auferstehung. Nur von dort aus, lässt sich der Verrat, das Leiden und der Tod überhaupt aushalten.

 

Als Christin bin ich davon überzeugt, dass das Ende unseres Lebens ein Neubeginn sein wird. Der Tod ist nicht nur ein unüberwindbares Ende. Sondern es ist ein Neubeginn bei Gott. Ich werde Gott begegnen. Ihm traue ich zu, dass er alles Unfertige und Heillose zu einem guten Ende bringt. Und gerade weil diese Hoffnung mich trägt, kann ich jetzt schon jeden Tag in diesem Vertrauen beginnen. Mein Schmerz, mein Scheitern, mein Leiden hat nicht das letzte Wort. Diese Hoffnung hilft mir, mich von all dem zu befreien, was mein Leben tot macht. Gottes Möglichkeiten sind größer. Er kann lebendig machen. Das nimmt mir zwar nicht den Schmerz und die Trauer. Aber vom Ende her betrachtet, sieht alles ein wenig anders aus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19484
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