Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn du von jemandem was willst, dann such etwas, womit du ihn erpressen kannst. Und wenn du nichts findest? Dann musst du ihn eben bestechen. Eiskalt ist diese Strategie und zynisch. Und doch: sie funktioniert! Ich möchte gar nicht wissen, wo dieses Machtmittel überall eingesetzt wird. Und ich muss da gar nicht an die Wirtschaft oder die Politik denken, es fängt ja schon bei mir selbst an. Was tue ich beispielsweise nicht alles, damit ich gelobt werde! Erpressung und Bestechung, das scheint das Schmiermittel zu sein, das die Welt am Laufen hält.

Umso mehr bin ich beeindruckt, wenn ich von Menschen höre, bei denen das nicht funktioniert. Die sich von einer Drohung nicht einschüchtern lassen und Schmeicheleien nicht auf den Leim gehen.

Dazu muss man stark sein und den Mut haben, auch mal gegen den Strom zu schwimmen. An einen von ihnen möchte ich erinnern, denn heute wäre sein 136. Geburtstag.

Es war der katholische Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen. Als er  Bischof wurde, waren gerade die Nationalsozialisten an die Macht gekommen. Und er ahnte wohl schon, dass es nicht leicht werden würde, dieses Amt auszufüllen. Jedenfalls hat er einen Leitspruch gewählt, der das vermuten lässt: „Weder Menschenlob, noch Menschenfurcht soll uns bewegen.“ 

Und daran hat er sich gehalten. So deutlich wie kaum ein anderer Vertreter der Kirche hat er öffentlich gegen das Vernichtungsprogramm der Nazis gepredigt. Von der Kanzel hat er den Mord an Kranken und Behinderten auch Mord genannt und das Gebot „Du sollst nicht töten“ dagegengestellt. Wie viel er damit erreicht hat, ist unter Historikern nicht ganz geklärt, aber er hat getan, was er konnte, frei von Furcht und unabhängig von Lob oder Kritik. Nach jeder Predigt rechnete er mit seiner Verhaftung und hatte immer ein gepacktes Köfferchen parat. Aber die Machthaber hatten Angst, dass er als Märtyrer noch mehr Einfluss gewinnen könnte, deshalb ließen sie ihn zähneknirschend gewähren.

Auch heute gibt es sie: Menschen, die stark genug sind, um der Schmeichelei zu widerstehen, und mutig genug, um auch unter Druck nicht einzuknicken. So möchte ich auch sein. Es gelingt nicht so oft, aber ich übe weiter.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19384
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