SWR1 3vor8

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Mit Gewalt erreicht man mehr als mit Güte und Freundlichkeit. Das meinen viele. So ist die Welt nun mal, sagen sie. Und die Realität scheint ihnen Recht zu geben: Wer möglichst laut brüllt, schüchtert die ein, die anderer Meinung sind. Manche meinen noch immer, ein Klaps hat noch keinem geschadet und machen damit ihre Kinder ängstlich oder trotzig. Und Waffen scheinen den Gegner mehr einzuschüchtern als eine Politik der Friedensverhandlungen. So ist die Welt nun mal, gerade auch in diesen Wochen der politischen Krisendiplomatie.
Aber ist das gut so? Und muss das so bleiben?
Jesus hat eine Geschichte erzählt, die deutet einen anderen Weg an. In den evangelischen Gottesdiensten wird heute darüber gepredigt.
Ein Grundbesitzer schickt Boten zu den Verwaltern seines Weinbergs (Mk 12, 1-12). Die sollen nach dem Rechten sehen und die Pacht eintreiben. Aber die Verwalter schaffen einen nach dem anderen mit Gewalt aus dem Weg. Sie wollen sich nicht reinreden lassen. Und schon gar nicht die Pacht bezahlen. Nicht geben, was sie schuldig sind. Am Ende töten sie sogar den Sohn des Grundbesitzers. Jetzt gibt es keinen Erben mehr. Jetzt wird der Weinberg irgendwann ihnen gehören. Mit Gewalt kann man die Herrschaft an sich reißen. Jetzt können sie machen, was sie wollen. Das ist wahrscheinlich das Kalkül der Verwalter.
So ist die Welt! Das werden die Zuhörer von Jesus damals auch gedacht haben. Denn ihnen war klar: Der Weinberg, das ist die Welt, die Gott uns zur Verwaltung gegeben hat. Und vielleicht hat Jesus ja sogar sich selber gemeint, als er von dem Sohn erzählt hat, der getötet wurde. Nicht lange darauf ist er hingerichtet worden – von denen, die sich nicht reinreden lassen wollten. Ist das das Ende, wenn es einer mit Güte versucht und mit Freundlichkeit? Geht es so aus, wenn einer Geduld hat und immer bloß warnt und mahnt?
Die Geschichte in der Bibel geht so weiter: Am Ende wird der Grundbesitzer den Verwaltern seinen Weinberg wegnehmen. Gewalt macht alle zu Verlierern, könnte man vielleicht auch sagen. Und dann? Dann bekommen ihn andere, die bauen auf den Stein, den die ersten weg geworfen haben, heißt es. Die bauen auf Güte und Freundlichkeit – so wie Jesus es vorgemacht hat. Die bauen auf Geduld. Die lassen sich nicht provozieren. Die bleiben beharrlich und versuchen, die Feinde zu Freunden zu machen. Und die Gegner zu überzeugen. Damit im Weinberg etwas wachsen kann.
Jesus hat gesagt: „Selig sind die Sanftmütigen, sie werden die Erde erben!“ Mit Güte und Freundlichkeit und Barmherzigkeit kommt man weiter. Auch wenn es zuerst nicht danach aussieht. Auch wenn nur wenige es glauben wollen. Trotzdem: Ich glaube, nur so kann in unserem Weinberg etwas wachsen.

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