Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Können Worte töten? Beim Streit um die Karikaturen über den Propheten Mohammed ist auch darüber heftig gestritten worden. Die dabei benützten Bilder und Aussagen haben Gefühle verletzt, haben Menschen wütend gemacht. Auch ich habe mich gefragt, ob das wirklich sein muss. Geschweige denn, ob es hilft, sich besser zu verstehen. Ich bin trotzdem für mich zur Überzeugung gekommen: Worte können nicht töten. Das unterscheidet sie ja gerade von jener Gewalt, die wirklich den Tod bringt. Von Pistolen, Messern und Bomben. Worte können ungeheuer verletzten. Ihre Macht ist groß. Sie können bloßstellen und beleidigen, einen anderen Menschen verleumden und jemanden so reizen, dass er am liebsten aus der Haut fahren wollte. Im schlimmsten Fall führt das womöglich so weit, dass einer nicht mehr leben will; weil er sich am Ende fühlt durch das, was über ihn behauptet wird. Zunächst aber kann einer sagen, was er will. Der Angesprochene bleibt dadurch am Leben. Er ist nicht in seiner elementaren körperlichen Existenz bedroht.

Das ist mir gerade deshalb wichtig, weil ich auch zur sprechenden Zunft gehöre. Ich mache es hoffentlich in aller Regel so, dass sich dadurch niemand verletzt fühlt. Allerdings gelingt mir das nicht immer. Dann merke ich, wie sensibel das Wort ist, wie empfindlich andere auf das reagieren, was ich ausspreche, bei aller Vorsicht. Wenn ich mit Absicht eine  Aussage zuspitze und provoziere, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Da ist die Gefahr groß, dass jemand unter den Hörern ist, der sich ärgert. Oder sich verletzt fühlen kann. Aber tödlich kann kein Wort von mir sein. Da bin ich mir sicher, und das beruhigt mich.

Wenn ein Journalist ganz bewusst etwas in den Dreck zieht, dann ist das für die Betroffenen sehr unangenehm. Ganz besonders wenn es sich um etwas handelt, was anderen kostbar, ja heilig ist. In religiösen Angelegenheiten sind die Empfindlichkeiten hoch. Und das verstehe ich. Ich will auch nicht, dass jemand sich über meinen Glauben lustig macht. Gleichzeitig gilt: Er darf es. Ich will es ihm nicht verbieten. Ich kann an sein Feingefühl appellieren, aber mehr kann und willich nicht. Weil die Freiheit auch die Stärke unserer Gesellschaft ausmacht. Und weil ich stark genug bin, um das auszuhalten. Ich kann mit Worten erwidern oder schweigen und mir meinen Teil dazu denken. Worte sind Worte. Wer dagegen mit Waffengewalt auf Worte reagiert, der hat den Weg der Zivilisation verlassen. Er hat auch nichts davon verstanden, wie Gott mit seiner Schöpfung in Kontakt tritt. Nämlich auch mit Worten. Nachzulesen in der Bibel und im Koran.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19327
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