Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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 Einen guten Morgen wünsche ich Ihnen... an diesem Fastnachtsdienstag, mit dem die fünfte Jahreszeit zu Ende geht.

Heute sind sie noch einmal unterwegs die Narren oder bunten Mäschkerle, die letzten großen Umzüge laufen, der letzte Faschingsball oder Kehraus findet statt. Doch um Mitternacht ist Schluss. Dann wird die Maske abgenommen, hinter der man sich wunderbar verstecken konnte und einmal eine andere Rolle spielen durfte.

Von diesem Maskenablegen um Mitternacht hat mir meine Großmutter erzählt. Spannend sei es gewesen. Schließlich habe man sich mit großem Aufwand verkleidet um ja nicht erkannt zu werden. Dann der große Augenblick. Wer steckt hinter welcher Larve; so hat meine Oma die Masken immer genannt.

Das Aha-Erlebnis sei selten eine böse Überraschung gewesen. Eher ein freudiges Wiedererkennen. „Mensch, des bisch ja du!“

(Mensch das bist ja du.)

Wenn ich schaue, was sich hinter einer Maske verbirgt, dann entdecke ich etwas Neues. Ich sehe die gleiche Person auf einmal mit ganz anderen Augen. Damit könnte sich die Chance verbinden, von einem festgefahrenen Bild Abschied zu nehmen, in meinem Gegenüber mehr und anderes zu sehen als bisher.

Gleichzeitig ist es spannend, für den, der die Maske abnimmt. Was passiert, wenn er sich zeigt, wie er wirklich ist. Sich - ungeschützt und ungeschminkt den Blicken aussetzt? Wenn er, sozusagen entlarvt ist. Entlarven - ein Wort, das eher unbehaglich klingt - schwingt dabei zunächst ertappt oder überführt mit, wie im Krimi. Das klingt eher negativ.

 Dabei ist Larve schlicht das lateinische Wort für Maske. Und wenn ich daran denke, dass aus einer Larve ein wunderschöner Schmetterling werden kann… dann steckt in diesem Wort - entlarven - auchso was wie eine Verheißung:

Ich kann mich sehen lassen, so wie ich bin. 

Huub Oosterhuis, ein niederländischer Theologe und Dichter hat ein Gebet verfasst, in dem der Wunsch zum Ausdruck kommt, behutsam entlarvt zu werden: 

Leg mein Gesicht frei, mach mich schön.
Wer mich entlarvt hat, wird mich finden.
Ich hab Gesichter, mehr als zwei.
Augen, die tasten vor im Blinden.
Herzen aus Angst die vor Angst vergehn.
Leg mein Gesicht frei, mach mich schön.
Leg mein Gesicht frei, mach mich schön.
Wer sich entlarvt sieht, wird gefunden
und wird ganz neu sich selbst verstehn,
wird leben, offen, unumwunden
und nirgends hin verloren gehn.
Leg mein Gesicht frei, mach mich schön.    

Huub Oosterhuis

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19219
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