Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ – an diesem alten Spruch ist was Wahres dran. Und noch mehr stimmt er für mich, wenn ich ihn ergänze: „Gemeinsam essen und trinken hält Leib und Seele zusammen. Gemeinsame Mahlzeiten sind mehr als reine Nahrungsaufnahme, Kontakte werden dabei geknüpft und gepflegt und den meisten Menschen schmeckt es, wenn man zusammen am Tisch sitzt, einfach besser.
Das bestätigen mir auch Menschen, die in Trauer sind. Sie sitzen notgedrungen zu Hause plötzlich allein am Tisch und bekommen kaum etwas runter. Wenn wir bei unseren Treffen in der Gruppe für Trauernde miteinander eine Kleinigkeit essen sind sie überrascht, welch guten Appetit sie plötzlich mit anderen zusammen entwickeln.

Gemeinsam Essen kann etwas Heilsames haben.  

Auf dieser menschlichen Grunderfahrung baut auch ein Projekt auf, das mich fasziniert. Es nennt sich „Cuisine sans frontieres“ – Küche ohne Grenzen. Der Verein versucht verfeindete Menschen in Krisengebieten der Welt an einen Tisch zu bringen – Mit Essen und Trinken. (SZ vom 3./4. Jan 2015, S.64)

 Verrückt dachte ich - Wie soll das gehen? David Höner, einer der Initiatoren dieses Projekts, das vor 10 Jahren in der Schweiz entwickelt wurde, sagt: „Wir wollen Orte schaffen, an denen sich Menschen austauschen und wieder Gemeinsamkeiten finden.“

Cuisine sans frontieres hat zum Beispiel im Dreiländereck Uganda, Kenia und Südsudan  ein Lokal eröffnet, in einer Wellblechhütte: Zehn Tische, drei Gerichte, dazu die geniale Lage an  einer der wichtigsten Fernstraßen Afrikas. Hier treffen sich fremde Menschen auf der Durchreise und wenn es gut geht, reden sie ein paar Takte freundlich miteinander. Ehrenamtliche Mitarbeiter, wie Köche, kommen aus Europa. Sie schulen das einheimische Personal, das sich zum Teil aus miteinander verfeindeten Stammesangehörigen zusammensetzt.

Ziel ist es, nach einigen Jahren, wenn alles soweit gut läuft, die Lokale der einheimischen Bevölkerung zu übergeben. David Höner ist Idealist, manche Rückschläge musste er einstecken, das eine oder andere Lokal weltweit schließen. Denn ein Lokal aufmachen und dann ist Frieden, das funktioniert nicht so einfach. Aber unterm Strich bleibt die positive Erfahrung, dass gemeinsam Essen und Trinken nicht nur Leib und Seele zusammenhält sondern die Menschheitsfamilie zusammenführen kann, weil sie Menschen dazu einlädt, sich wieder miteinander an einen Tisch zu setzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19217
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