Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Waren Sie früher auch in der Jungschar? Oder bei den Minis, den Ministranten, den Messdienern? In einer dieser kirchlichen Kinder- oder Jugendgruppen, in denen gespielt und gebastelt wurde, mit denen man gewandert ist und am Lagerfeuer gesungen hat und in denen  biblische Geschichten erzählt wurden?
Ich kenne viele, die damit aufgewachsen sind. Manche haben inzwischen keine so enge Bindung mehr zur Kirche. Aber an die Jungschar oder an die Zeit bei den Ministranten – da erinnern sie sich gern.
Inzwischen ist auch viel von den schlimmen Erfahrungen dort die Rede, von Missbrauch und Vertrauensbruch. Das hat es in Einzelfällen gegeben und das ist schlimm.
Aber die meisten haben gute Erinnerungen. Ich auch. Zu Weihnachten haben wir ein Krippenspiel geübt und Lieder und im Altersheim und im Krankenhaus gesungen. Da habe ich begriffen, dass man Alte und Kranke nicht allein lassen darf. Die meisten biblischen Geschichten habe ich dort kennen gelernt: Schwester Marlies hat sie uns erzählt. Sie war eigentlich Gemeindeschwester im Ort und in ihre wenige Freizeit hat sie für die Jungschar investiert. Im Frühjahr haben wir mit ihr eine Radtour gemacht. Dafür hat sie ihre Schwesterntracht aus- und eine Jeanshose angezogen. Wir fanden das damals sensationell, dass sie gewissermaßen aus sich raus geht um für uns da zu sein.  
Mir ist das alles dieser Tage wieder eingefallen, als ich gelesen habe, dass die Jungscharen jetzt im Februar 100 Jahre alt werden. Das heißt: Kirchliche Kinder- und Jugendgruppen gab es schon vorher. Aber der Name „Jungschar“, der für viele die Kindheit geprägt hat, der ist jetzt gerade 100 Jahre alt. Damals 1915 nämlich haben sich die Jugendgruppen des CVJM überlegt, wie sie den Geburtstag des württembergischen Königs am 25. Februar begehen könnten. Der Geburtstag des Königs war offenbar eine große Sache. Und man hat sich entschlossen, an dem großen Volksumzug in Stuttgart teilzunehmen. „Die Jungscharen“ im Umzug zu Ehren des Königs stand dann im Programm. Seither hat sich der Name „Jungschar“ in ganz Deutschland verbreitet.
In vielen Gemeinden in Baden und Württemberg gibt es solche Jungscharen auch heute. Noch immer sind es Ehrenamtliche, die die Kinder betreuen.
Ich hoffe, auch die Jungscharkinder heute werden irgendwann gute Erinnerungen daran haben. Gott sei Dank lassen sich auch heute noch Erwachsene so für die Jugendlichen einspannen. Ich jedenfalls denke zurück an Schwester Marlies. Und sage allen ehrenamtlichen Jungscharleiterinnen und Jungscharleitern Danke für ihr Engagement.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19182
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