Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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"Mama, der tote Opa von Sophie war so groß wie ein Eimer“, erzählt meine kleine Tochter beim Mittagessen. Meine Frau bekommt ganz große Augen: „Welcher Opa?“. „Na, der Opa von Sophie. Der ist doch gestorben. Und jetzt ist er begraben. Aber der war nur so groß wie dein kleiner Eimer.“
Jetzt sieht mich meine Frau erstaunt an. Also erzählen meine Tochter und ich, was wir heute Morgen so besonderes erlebt haben. Da sie noch etwas krank war und nicht in den Kindi durfte, ging sie mit in mein Büro. Um 11 Uhr hatte ich eine Urnenbeisetzung. Also habe ich ihr erklärt, dass ich als Pastor auf den Friedhof gehe und schon in einer halben Stunde wieder da bin. Aber sie wollte auf keinen Fall alleine bleiben.
Was blieb mir übrig? Ich musste jetzt los. Da die Trauerfamilie unsere Tochter gut kennt, habe ich ihr gesagt, sie müsse ganz brav und still sein – und sie war wirklich das bravste Mädchen und blieb die ganz Zeit dicht an meiner Seite.
Aber jetzt, am Mittagstisch, musste ich meiner Tochter die Sache mit der Urne erklären. Gar nicht so einfach, einem Kind zu sagen, dass der Opa ihrer Freundin Sophie verbrannt wurde und nur die Asche in der Urne war. Sie fand das gar nicht so schlimm, da der Opa ja jetzt im Himmel sei, „da brauche er seinen Körper eh nicht mehr“. Mit dieser Erklärung war sie voll zufrieden.
Heute, viele Jahre später, denke ich noch immer an dieses Erlebnis, wenn ich eine Urne sehe. Aber egal, ob Urne oder Sarg – der Schmerz ist der gleiche und er ist umso größer, je mehr wir den Menschen geliebt haben. Also sind unsere Tränen, unser Schmerz auch immer ein Zeichen der Liebe, die wir für diesen Menschen empfunden haben.
Dietrich Bonhoeffer hat einmal geschrieben: „Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.“
Der Schmerz über den Tod eines Menschen muss also nicht das letzte sein. Den Satz von Bonhoeffer habe ich mir gemerkt: „Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude“.
Am Abend, beim zu Bett bringen, habe ich nochmals mit meiner Tochter gesprochen. Sie hat mir erzählt, was ihre Freundin Sophie schon alles Tolles mit ihrem Opa erlebt hat. Und wir waren uns einig, dass Sophie richtig stolz sein kann, dass sie so einen wunderbaren Opa hatte. Es stimmt einfach: „Die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.“

 

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