Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Guten Morgen,
„Jeder ist Ausländer - fast überall.“ So hieß mal ein Autoaufkleber. Wenn wir mit unserer Familie nächste Woche in den Urlaub fahren, werden wir am Zielort auch Ausländer sein. Obwohl - nicht so ganz: Wir fahren nach Kärnten. Unser Sohn sagte kürzlich zu mir: Papa, ich bin so froh, das wir dieses mal dahin fahren, wo ich die Leute verstehen kann. Unsere beiden Italien- und Frankreich-Urlaube in den letzten Jahren hatten ihn wohl - zumindest sprachlich - etwas verunsichert. Er konnte keine Schilder lesen, sich nichts im Restaurant zu essen bestellen, im Tante-Emma-Laden den Preis an der Kasse nicht verstehen.
Und ich denke mir, so geht es ausländischen Gästen bei uns auch. Verunsicherung allenthalben. Sie kennen die Gesetzgebung und die Kultur bei uns nicht. Sie verstehen die Sprache nicht. Die Menschen sind anders und ebenso misstrauisch wie sie selbst. Alles muss man erst heraus finden. Wo die Post ist. Wie man mit dem Bus oder der Bahn fährt. Wo man am günstigsten einkaufen kann. Von welchen Menschen man Unterstützung erwarten darf und welche einem eher ablehnend gegenüber stehen.
Der große katholische Theologe Romano Guardini hat sehr klug erkannt „Was Gastfreundschaft wert ist, weiß nur wer von außen kommt, aus der Fremde.“
Darum will ich mir gut merken, wie ich in unserem Urlaub Gastfreundschaft erlebe. Ob die Leute freundlich zu mir sind. Ob sie mir helfen, wenn nicht etwas nicht weiß. Ob sie mich unterstützen.
Diese positiven Erfahrungen möchte ich mitnehmen für mein eigenes Verhalten gegenüber Fremden. Wie in der goldenen Regel: Alles was dir die Leute tun sollen, das tu du ihnen auch. (Mt 7,12) Wir wohnen am Rand des Schwarzwaldes. Wir wohnen dort, wo manche Leute Urlaub machen. Wir haben einen Camping-platz bei uns. Und auch sonst habe ich öfter mal mit Fremden zu tun.
In der Bibel gebietet Gott in einer solchen Situation:
Wenn ein Fremder bei euch in eurem Lande wohnt, sollt ihr ihn nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer, und du sollst ihn lieben wie dich selbst;
(3. Mose 19, 33f)
Gott begründet dieses Gebot mit der Erfahrung der Israeliten, die irgendwann jeder machen kann: „denn auch ihr seid Fremdlinge gewesen (in Ägypten)“.
Die eigene Erfahrung irgendwo mal fremd gewesen zu sein, macht mich sensibler für den Umgang mit Fremden hier bei uns. Diese Erfahrung kann ich aus dem Urlaub in einem anderen Land mitnehmen. Denn außer zu Hause bin ich fast überall Ausländer.



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