Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute Abend wird wieder Pegida demonstrieren. Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes. Und viele werden sagen: Seht ihr, wir haben es doch gewusst: Der Islam ist eine Bedrohung für Europa. Letzte Woche bei dem Mordanschlag in Paris hat man es doch gesehen.

Und, ja: Ich glaube, sie haben Recht. Europa ist bedroht. Aber nicht vom Islam. Die Bertelsmannstiftung hat herausgefunden dass sogar von den besonders religiösen Muslimen in Deutschland 90 Prozent die Demokratie für eine gute Regierungsform halten. Bedroht werden Freiheit und Demokratie von terroristischen Mörderbanden. So, wie Deutschland vor über 30 Jahren von den Mördern der RAF und in den letzten Jahren von der NSU mit ihren Morden an Muslimen.

Deswegen hoffe ich, dass auch heute Abend viele Menschen laut sagen: Nicht die Islamisierung des Abendlandes müssen wir fürchten – es gibt knapp 5% Muslime in Deutschland. Fürchten müssen wir uns vor dem islamistischen Terror. Und dagegen hilft es nicht, zum Beispiel die Zuwanderung zu stoppen. Die Terroristen von Paris waren französische Staatsbürger, in Frankreich geboren. .

Was aber könnte helfen?

Zuerst einmal sollten wir jetzt an den christlichen Wurzeln des Abendlands festhalten. Dazu gehört vor allem die Nächstenliebe. Und die gilt nicht nur für die, die das gleiche glauben wie ich. Was tut ihr Besonderes, wenn ihr nur die liebt, die genauso sind wie ihr? Hat Jesus gefragt. Ich meine, Nächstenliebe heißt jetzt, sich mit denen zu verbinden, die die Terroristen genauso fürchten wie Sie und ich: die friedlichen und freundlichen Muslime.

Natürlich sind auch die Muslime gefragt: Nicht bloß die offiziellen Sprecher und Sprecherinnen, die sich ganz klar von den Mördern distanzieren. Gefragt sind die Imame in den Moscheen, die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen, die muslimischen Mütter und Väter. Sie müssen ihren Kindern den Koran nahebringen, der anfängt: „Im Namen Gottes, der Allerbarmers, des Allbarmherzigen“. Sie müssen sich gegenseitig versichern: Im Namen des Allbarmherzigen kann es keine Morde geben. Sie müssen sich klar machen: Es gibt und gab seit Jahrhunderten viele Arten, den Koran zu verstehen und deshalb kann keine für sich allein beanspruchen, die einzig richtige zu sein. Schon gar nicht die der Extremisten. Und vor allem: Menschen können in Frieden miteinander leben, auch wenn sie verschieden glauben. Wir brauchen keine Gleichschaltung, auch nicht im Glauben.

Ich meine, wir sollten mit unseren muslimischen Mitbürgern über solche Fragen ins Gespräch kommen. Damit wir als Bürger Europas in Freiheit miteinander leben können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19003
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