Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Viele Unternehmen sind heute auf die Fachkompetenz von Frauen angewiesen. Wenn nur das „Restrisiko“ nicht wäre, dass sie plötzlich schwanger werden und in Mutterschutz gehen. Das passt gar nicht ins Konzept!

Amerikanische Konzerne wissen sich zu helfen. Sie bieten ihren Mitarbeiterinnen an, sich auf Kosten des Unternehmens Eizellen entnehmen und einfrieren zu lassen, den Kinderwunsch also zunächst mal auf Eis zu legen. So können sich hochqualifizierte Frauen weiterhin volle Pulle ins Zeug legen. Für viele von ihnen womöglich ein verlockendes Angebot – sie haben es ja im Vergleich mit den Männern immer noch schwer, Karriere zu machen. Doch ich fürchte: Ist eines Tages die Kompetenz erschöpft und das Fachwissen abgebrannt, kommt ein dezenter Wink aus der Chef-Etage: Ach, haben Sie nicht noch ein paar Eizellen im Gefrierschrank? Wäre jetzt nicht Mutterglück an der Reihe? Tschüss dann und alles Gute!

„Social freezing“ nennt sich diese fragwürdige Familienplanung. Eine Mogelpackung – was ist denn daran „sozial“? Eigentlich geht es um „oeconomic freezing“, um eine neue Variante, Kosten einzusparen und Renditen zu erzielen. Gut, dass sich die Arbeitgeber in Deutschland deutlich distanziert haben – und dabei wird’s hoffentlich auch bleiben!

Kinder sind also „Störenfriede“ im kapitalistischen Betriebsablauf. Es fängt ja schon mit der Schwangerschaft an: Höhere Fehlzeiten, in manchen Berufen eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten, Kündigungsschutz, Mutterschutz. Will man die Mütter im Unternehmen halten, braucht es womöglich noch einen Betriebskindergarten und vor allem familienfreundliche Arbeitszeiten. Das alles ist umständlich und teuer. Warum also den Kinderwunsch nicht einfrieren? 

Mit Eizellen gelingt das. Aber lässt sich auch die seelische Gestimmtheit, die Sehnsucht nach einem Kind tief gefrieren? Und wie wird es Kindern aus der Tiefkühltruhe einmal ergehen, wenn sie später davon erfahren, dass sie von ihrer Mutter erst mal auf Jahre hin tiefgefrostet wurden, weil Einkommen, beruflicher Aufstieg und Karriere für sie wichtiger waren?  

„Eure Kinder sind nicht euer Besitz“, sagt der libanesische Dichter Khalil Gibran, „sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.“

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18978
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