Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Nehmt euch nie etwas vor“, hat er uns der Pfarrer im Konfirmandenunterricht geraten, „denn, was man sich vornimmt, das tut man nicht“.
Und anscheinend hatte mein Pfarrer recht. Denn die Dinge, die Menschen sich für das neue Jahr vornehmen, sind immer die gleichen: Mehr Sport, Abnehmen, weniger Alkohol und Zigaretten - jedes Jahr die gleiche Liste. Würden die Leute ihre Vorsätze in die Tat umsetzen, müsste es ja jedes Jahr andere Vorsätze geben. Es scheint also zu stimmen: „Was man sich vornimmt, tut man nicht“.
Warum ist das so? Ich denke, deshalb weil unser Verstand die guten Vorsätze fasst. Ändern muss sich aber der ganze Mensch, auch der Bauch, unser Unterbewusstsein. Und das ist eine völlig andere Geschichte. Jemand hat dieses Unterbewusstsein einmal mit einem Elefanten verglichen. Der Verstand ist der Reiter, der oben auf dem Elefanten sitzt. Wenn der riesige Elefant keine Lust hat, kann der Reiter machen was er will, der Elefant wird ihm nicht gehorchen.
Der Elefant braucht zwingendere Gründe, um sich in Bewegung zu setzen: Ein Mann hat mir mal erzählt, er wisse noch ganz genau wie er seine letzte Zigarette geraucht hat. Das war morgens im Bett. Dann ist er aufgestanden, hat seine Sachen gepackt und ist in die Klinik gefahren. - Die Krebs-OP hat auch den Elefanten überzeugt.
Das ist also der eine Weg, auf dem Menschen tatsächlich etwas ändern: Sie merken, dass es schlimme Konsequenzen hat, wenn sie es nicht tun. Aber ich denke, es gibt noch einen anderen Weg: Wertschätzend und rücksichtsvoll gehe ich mit Dingen um, die mir viel bedeuten. Je mehr ich mir wert bin, je wertvoller ich mich fühle, desto besser werde ich also auch mit mir selber mit umgehen.
So hat es jedenfalls Thomas Stephan erlebt. 230 Kilogramm brachte er auf die Waage. Alle guten Vorsätze haben nichts geholfen. Aber als eine Freundin zu ihm gesagt hat: „Wegen mir brauchst Du nicht abzunehmen“, da war das für ihn, wie wenn sich „ein Schalter umgelegt“ hätte, sagt er. Warum? Ich denke, weil sehr viel Zuneigung in den Worten seiner Freundin lagen. Und diese Zuneigung hat ihn dazu gebracht, auch sich selbst wert zu schätzen. Es war ihm nicht mehr egal, wie er mit sich und seinem Körper umgeht. Ab da hat Thomas Stephan sich nichts mehr vorgenommen, sondern sich verändert: Heute wiegt er 150 Kilogramm weniger.
Wertschätzung verändert. Ich denke, auch die Wertschätzung, die Gott mir entgegenbringt. Denn auch Gott sagt nicht: „Ich finde dich gut, wenn Du dies oder jenes tust“. Sondern: „Ich finde dich wertvoll wie Du bist“. Ich denke, wenn ich das glauben kann, motiviert mich das, mich selbst auch rücksichtsvoller zu behandeln.

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