SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Die Hirten hatten zunächst keinen Plan. Ohne Anweisung bleiben sie zurück auf dem Feld, mitten in der Nacht. So beginnt der zweite Teil der biblischen Weihnachtsgeschichte (Lk 2, 15-21). Heute wird in den evangelischen Gottesdiensten darüber gepredigt.
Vielleicht erinnern Sie sich ja, wie das angefangen hat. „Euch ist heute der Heiland geboren“ hatten sie von einem Engel gehört. Von einem Zeichen war die Rede, an dem man ihn erkennen könne: ein Kind, Windeln und eine Futterkrippe. Und die Hirten hatten die Engel singen hören auf ihrem Feld.
Aber dann war alles vorbei. Die Engel verschwunden. Die Nacht wieder dunkel. Der Himmel verschlossen. Und die Hirten ohne Anweisung.
Was sollten sie jetzt tun?
Darüber reden sie dann miteinander, erzählt die Geschichte weiter. Was war das? Habt ihr das auch gehört? Habt ihr das verstanden? Und sie werden sich schnell einig: „Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die uns Gott selbst kundgetan hat.“ (Lk 2, 15)
Und was wollen sie sehen? Das, was sie gehört haben. Zeichen für die schönen Worte vom Frieden auf Erden und dem Wohlgefallen für alle. Sie wollen sehen, ob das wahr ist, was sie gehört haben. Gott ist zur Welt gekommen. Damit wird alles anders. Sollte das wirklich wahr sein?
Also gehen sie los. Menschen auf der Suche nach Zeichen für Gott. „Und sie fanden beide“, erzählt die Geschichte dann, „Maria und Josef und das Kind in der Krippe“ (Lk 2, 16). Mitten im Dunkeln, in ärmlichen Verhältnissen finden sie: Gott. Den Heiland. Den, der die Welt heil machen kann.
Und was finde ich, wenn ich nach Zeichen suche? Nach Zeichen für Gottes Nähe?
Mir fällt der Chor der Vesperkirche hier in Stuttgart ein: Wohnungslose und vom Leben wirklich gebeutelte Menschen. Aber wenn die singen: „Unchain my heart“ oder „I am sailing“ – dann geht mir das Herz auf. Ich finde, dann kann man spüren, wie die Welt für einen Moment heil ist. Oder wenn jetzt in diesen Tagen in vielen Kirchen „jauchzet, frohlocket“, das Weihnachtsoratorium musiziert wird. Dann ist mir für eine Weile nach Mitsingen, nach Jauchzen und Frohlocken zumute. Und wenn ich höre, dass im Flüchtlingslager in Meßstetten schon drei Kinder geboren wurden und wie viele sich darüber freuen und helfen wollen, dass sie in Frieden aufwachsen können. Da kann man sie sehen, finde ich. Zeichen für Gottes Nähe. Auch wenn drum herum viel dunkel ist.
Die Hirten damals haben das weiter erzählt, was sie gefunden hatten, so endet die Weihnachtsgeschichte. Vielleicht sollte ich das auch viel öfter machen. Erzählen, wo ich Gottes Nähe gefunden habe – mitten im Dunkeln.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18905
weiterlesen...