SWR1 3vor8

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Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?
Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm.


Es hat keinen Sinn, zurück zu schauen und Schuldige zu suchen. Viel wichtiger ist die Frage: was kann man jetzt tun? Das sagt jedenfalls Jesus, als Leute ihn fragen: Wer ist schuld?
So verstehe ich die Geschichte, die heute in den evangelischen Gottesdiensten bedacht wird. Die Bibel erzählt, dass Leute einen jungen Mann zu Jesus brachten, der blind geboren war. Sie fragten: Wer ist nun daran schuld? Er selbst oder seine Eltern?
Ich kenne viele Leute, die solche Fragen stellen: Wer ist schuld, dass meine Ehe gescheitert ist? Sind nicht eigentlich meine Eltern daran schuld, dass ich nie wirklich auf die Beine gekommen bin? Und meine Krankheit? Bin ich womöglich selbst schuld, dass es so gekommen ist? Oder haben andere mich krank gemacht? Es kostet viel Kraft, immer wieder so nach rückwärts zu schauen.

Natürlich, man muss nach Gründen fragen und nach Ursachen, damit man dieselben Fehler nicht noch einmal macht. Aber man hat keine Kraft für die Zukunft, solange man damit beschäftigt ist, anderen oder sich selbst irgendeine Schuld vorzuwerfen. Und womöglich übersieht man das, was trotz allem ja möglich ist.
Deshalb sagt Jesus den Leuten, die nach der Schuld fragen: Weder der blinde junge Mann noch seine Eltern sind schuld. Es passieren Dinge, die einem nicht gefallen können, soll das wohl heißen. So ist die Welt nun mal. Leider.
Aber dann sagt Jesus noch etwas:
„An diesem blinden jungen Mann sollen die Werke Gottes sichtbar werden!“
Und da verstehe ich: Gott kann mehr, als ihr für möglich haltet. Auch für diesen Blinden kann ganz viel Leben möglich werden.

Für mich heißt das: Schau nach vorne. Frag nicht nach Schuld, sondern danach, was es jetzt in dieser Situation für Möglichkeiten gibt. Was man tun kann. Wie es anders, wie es besser werden kann. Wenn eine Ehe gescheitert ist, kann es trotzdem weiter gehen. Anders natürlich, als ich es gehofft hatte. Aber es kann doch neues Glück möglich werden, wenn ich mich nicht immer weiter mit der Frage nach der Schuld quäle. Und mit einer Krankheit oder Behinderung kann man leben. Statt sich gegenseitig die Schuld zu geben, können Menschen sich umeinander bemühen und einander all das sagen und geben, was man vorher nicht für nötig gehalten hat.
Ich glaube: Wenn Menschen aufhören zu fragen: wer ist Schuld, wenn sie stattdessen tun, was möglich ist, dann wird Leben möglich und auch Glück.
Manchmal mehr, als man sich vorstellen kann https://www.kirche-im-swr.de/?m=1865
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