Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Religionen sind schuld an Gewalt und Krieg – das sagen viele. Vor allem die monotheistischen Religionen, die behaupten, es gäbe nur einen Gott, nämlich ihren. Das sei intolerant und führe am Ende dazu, dass sie sich gegenseitig bekriegen. Die Leute reden dann vom Dreißigjährigen Krieg, der ein Religionskrieg gewesen sei, von Nordirland und vom islamischen Jihad.
Aber stimmt das wirklich? Im Dreißigjährigen Krieg haben katholische gegen protestantische Fürsten gekämpft. Da ging es um die Macht. Genauso in Nordirland: Da haben die Iren gegen die englische Vorherrschaft in ihrem Land gekämpft. Dass die einen katholisch und die anderen protestantisch waren – war das vielleicht nur ein fieser Trick, wie man den Kämpfern klar machen konnte: Ihr kämpft für eine gute Sache. Ihr kämpft für den richtigen Glauben? Ihr kämpft im Grunde für Gott? Und da, wo die Muslime gegeneinander kämpfen, in den Ländern des Nahen Ostens: geht es nicht auch da vor allem um Macht und oder um Gerechtigkeit für Minderheiten?
Das jedenfalls  findet Karen Armstrong, eine britische Religionswissenschaftlerin in ihrem Buch „Im Namen Gottes“[1]. Wenn Menschen sich in ihren Kriegen auf Gott berufen, schreibt sie, dann versuchen sie die Verantwortung auf ihn abzuschieben. Aber „das Problem liegt nicht in dem…was wir Religion nennen, sondern in der Neigung zu Gewalt, die in der Natur des Menschen und seiner Staaten liegt."  
Aber sogar in der Bibel ist doch schon von Kriegen die Rede, die auf Befehl und im Namen Gottes geführt werden, sagen Sie jetzt vielleicht. Das stimmt. Aber mir scheint, auch da wollten die ihre Kriege rechtfertigen, die eigentlich ganz andere Interessen verfolgt haben. „Gott will es so!“ – mit dieser Parole kann man  gewissermaßen gewissenlos in den Krieg ziehen.
Ich glaube, dass Gott die Welt geschaffen hat. Und dass er seine Geschöpfe liebt und will, dass sie leben. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass er anordnet, dass sie sich gegenseitig bekriegen, töten und einander die Lebensgrundlagen zerstören. Auf Gott kann sich keiner berufen, der in den Krieg zieht. Ich halte mich lieber an Jesus, der die Friedensstifter selig genannt hat.
So gesehen, könnten die Religionen die Kräfte sein, die sich der Machtgier von Einzelnen und von Staaten nicht beugen. Und die Gläubigen Menschen, die sagen: Unser Gott ist ein Gott des Friedens. In seinem Namen kann niemand einen Krieg führen.


[1] Karen Armstrong, Im Namen Gottes. Religion und Gewalt, München 2014

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18596
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