Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Alle im Haus haben es mitbekommen. Der Nachbar ist gestorben. Doch wie verhält man sich jetzt richtig? Einfach hochgehen und klingeln? Eine Beileidskarte in den Briefkasten werfen? Oder besser ein paar Tage warten und die Witwe nicht stören in ihrer Trauer?
Ich meine, das Wichtigste in so einer Situation sind nicht die großen Worte, sondern das Mitgefühl. „Mitgefühl“, das ist eine gute Übersetzung für das etwas altmodische Wort „Bei-leid“. Genau darum geht es beim Kondolieren. Einem anderen Menschen mein Mitgefühl zu zeigen, mit dem Verlust und den Schmerz, den er gerade erlebt.
Und wie genau geht das? Vielleicht so:
Kennt man sich als Nachbarn nur vom Grüßen im Treppenhaus,  dann ist eine Beileidkarte angebracht. Aber auch, wenn man sich nicht besonders gut mit den Nachbarn verstanden hat, ist eine Karte das richtige. Angesichts des Todes eines Menschen, kann man vielleicht doch über einen nachbarschaftlichen Ärger hinwegsehen?
Und wenn man sich besser gekannt hat? Dann ist es gut, bei der Nachbarfamilie zu klingeln – und mit ganz normalen Worten zu sagen, wie leid es einem tut. Man muss dabei nicht unbedingt  „Mein Beileid“ sagen. Viel wichtiger ist, dass man es zeigt. Trauernde wollen meistens gar nicht viel hören.
Und wenn man nicht weiß, was man sagen soll, dann darf man genau das ruhig sagen:  „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin so erschrocken über den Tod Ihres Mannes. Ich will Ihnen sagen, dass ich an Sie denke“. Das reicht schon. Trauernde sind in einer Ausnahmesituation. Es tut ihnen gut, wenn sie spüren: Der andere ahnt, wie es mir geht. Und wenn die Hinterbliebenen weinen, dann ist das nicht schlimm und auch nicht peinlich. Das ist normal. Das darf so sein. Und auch dann braucht man nicht groß mit Worten zu trösten, viel wichtiger ist es, dann nicht wegzugehen, sondern da zu bleiben.
Sich die Trauererfahrungen anderer anzuhören – das hilft allerdings gar nicht. Keine Trauer lässt sich mit der anderen vergleichen. Auch gute Ratschläge bringen jetzt nicht viel. Sie verletzen eher, als dass sie trösten. Und auch wer selbst in seinem Glauben Trost und Zuversicht findet, sollte sie dem trauernden Menschen nicht ungefragt überstülpen. Manchen Trauernden tut es aber gut, wenn man ihnen sagt: Ich werde für sie beten.
Am wichtigsten ist, dass man überhaupt kondoliert und dass man damit nicht allzu lange wartet. Und manchmal tut es auch eine Kerze, eine Blume oder ein Teller Suppe, den man vorbeibringt. Denn mein Mitgefühl, mein Beileid, kann ich auch ohne viele Worte ausdrücken.

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