SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Die Sommerferien sind zu Ende. Für die Kinder und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz beginnt morgen wieder die Schule.
Bestimmt atmen einige Eltern auf: Endlich verläuft das Familienleben wieder in geregelten Bahnen. Vorbei das Ausschlafen bis mittags, den Tag vertrödeln und nichts mit sich anzufangen wissen.
Andere blicken dem neuen Schuljahr weniger erwartungsvoll entgegen, fragen sich: Wird mein Kind sich wohl fühlen in der neuen Klasse? Wie kommt es zu recht mit den Lehrern? Und kann es die Leistungen bringen, die von ihm erwartet werden?
Das letzte Schuljahr gerade so mit Ach und Krach geschafft. Froh, Abstand gewonnen zu haben – auch von dem ständigen Druck und den Konflikten in der Schule. Zeit zum Durchschnaufen und wieder Kräfte sammeln.
Schule ist ja nicht nur für Schüler eine Herausforderung. Auch Eltern und Großeltern leiden mit, wenn’s nicht so läuft, wie es laufen soll.
Mich hat da ein Bibelwort angesprochen. Ich habe es heute Morgen gelesen – ein Spruch, genau richtig für den Neubeginn.
 Er lautet: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“  (Jesaja 42,3)
Was für eine großartige Aussicht für alle, die Angst haben vor dem Morgen: Gott hat Gutes mit dir vor. Das geknickte Rohr wird nicht zerbrechen.
Das kann all denen Mut machen, die sich fragen: Schaff ich das, was da vor mir liegt? Reicht die Kraft für diesen Tag, für diese Woche … für das neue Schuljahr?
Gott wird den glimmenden Docht, das Fünkchen Hoffnung nicht auslöschen. Er schenkt einen neuen Anfang. Neue Energie.
Für mich sind das zwei starke Bilder. Die vom geknickten Rohr und von dem glimmenden Docht.
Denn eigentlich ist ein geknicktes Schilfrohr kaputt. Es ist zwar noch nicht ganz durchgebrochen. Aber stabil ist es auch nicht mehr. Man kann es nicht mehr gebrauchen – weder beim Bau noch als Angelrute.
Und der glimmende Docht ist zwar nicht ganz verloschen. Er glimmt ja noch. Aber die Flamme ist nicht mehr da. Und die wird auch nicht mehr kommen. Zumindest nicht ohne Hilfe von außen.
Da werde ich durch das Bibelwort heute Morgen an Gott erinnert. Der schreibt nicht ab, was geknickt ist. Der gibt dem fast Verloschenen neue Zukunft.
Ich finde, das macht Hoffnung, wenn das Leben einem einen Schlag versetzt hat: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen.“
Das ist die Aussicht für alle, die keine Energie mehr haben: „Den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“
Auch wenn du dich kaputt fühlst oder meinst, am Ende zu sein mit deiner Kraft. Gott zerbricht nicht. Gott löscht nicht aus.
Gott lässt dich nicht allein mit den Schwierigkeiten. Im Gegenteil: Er richtet auf. Entfacht. Gibt neue Kraft, damit es weiter gehen kann – auch für dich.

Wie Gott das macht?
Ich muss da an ein Mädchen denken. Sie war in den Sommerferien mit uns auf Freizeit gefahren. Zum Abschied hat sie mir gesagt: „Diese vierzehn Tage waren die schönste Zeit meines Lebens.“
In den letzten Monaten hatte sie viel durchgemacht. War auch einige Wochen im Krankenhaus gewesen. Eine schwere Zeit. Sie hatte das Vertrauen in sich und in ihre Kraft verloren.
Trotzdem war sie mitgekommen. Und sie ist aufgeblüht in der Gemeinschaft mit den Gleichaltrigen, beim gemeinsamen Singen, Spielen und Spaß haben.
Und sie hat in den Andachten am Morgen von Gott gehört. Von dem Gott, der Leben schenkt. Von dem Gott, der sich den Schwachen zuwendet. Von dem Gott, der den glimmenden Docht nicht auslöscht.
Da hat sie neuen Mut gefasst. Was sie da von Gott gehört hat, hat ihre Lebensflamme wieder neu entzündet. Sie hat Vertrauen gefasst zu Gott und in das Leben und sich auch wieder was zugetraut.
Oder ich denke an einen Mann in unserer Gemeinde. Er geht auf den Ruhestand zu. Viele Jahre hatte er keine Kirche mehr betreten.
Doch dann war er gekommen – am Sonntagmorgen zum Gottesdienst und hat von Gott gehört, der das geknickte Rohr nicht zerbricht.
Das hat ihn angesprochen. Denn genauso hat er sich gefühlt – nach dem Tod seiner Frau: vom Leben geknickt. Alleine gelassen. Nicht in der Lage, sich selbst aufzurichten.
Aber was er von dem geknickten Rohr gehört hat, hat ihm Mut gemacht, das Leben wieder anzupacken, glauben zu können, dass es weitergehen wird – auch wenn der geliebte Mensch fehlt, mit dem er sein Leben geteilt hat.
Nur zwei Beispiele, die zeigen, wie es gehen kann. Wie Gott das macht: Aufrichten. Neu entfachen. Neuen Mut geben.
Manchmal sind es die guten Worte im Gottesdienst, die einen aufrichten. Vielleicht auch die Sonntagsgedanken im Radio.
Oft sind es auch die anderen Menschen, die mir gut tun. Die mich aufrichten. Die fröhlichen Kinder auf der Freizeit, die die Mutlose mittun lassen. Die Nachbarin, die sieht, was dem Witwer fehlt. Der Kollege, der spürt, dass ich Unterstützung brauche und nicht ärgerlich ist deswegen.
Mit solchen Erfahrungen kann ich mich den Herausforderungen stellen, die heute auf mich warten. So kann auch morgen die Schule beginnen oder die neue Woche auf der Arbeit.
So kann ich anpacken, was mir schwer fällt und Sorgen bereitet. Das geknickte Rohr wird nicht zerbrechen, und der glimmende Docht wird nicht verlöschen. Dafür steht Gott mit seinem Wort.
Und diese Erfahrung wünsche ich Ihnen in der neuen Woche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18280
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