Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn Menschen Krieg führen und sich dabei auf Gott berufen, dann ist das nicht nur falsch, sondern ein fataler Widerspruch. Ich spreche heute darüber, weil ich genau das in den kriegerischen Auseinandersetzungen dieser Tage als besonders schmerzhaft erlebe. Im Irak, in Israel und Palästina, in Afghanistan und in vielen Staaten Afrikas. Im Namen Allahs, Jahwes, Gottes - wie auch immer Menschen den Allerhöchsten nennen - werden andere getötet. Soldaten, aber auch Frauen und Kinder. Das ist unmenschlich und grausam. Und es entstehen daraus weitere Probleme - und zwar solche, die für die Religion sehr bedeutsam sind. Das Größte ist für mich: Viele Menschen glauben eben aus diesem Grund nicht mehr an Gott. Wenn man sich nämlich auf ihn berufen kann, um anderen den Schädel einzuschlagen, dann bringt das alles durcheinander. Und für viele ist das ein Grund, ihn lieber ganz aus ihrer Welt zu verbannen. Verständlicherweise! 

Leider ist das ein Dauerbrenner in der Religionsgeschichte: dass Gott für menschliche Zwecke missbraucht wird. Als Kaiser Konstantin nach der Macht im römischen Weltreich griff, hat er sich auf den Gott Jesu Christi berufen. Im Mittelalter hat man den Menschen eingeredet, sie müssten bei Gott für ihre Sünden bezahlen - mit barer Münze. Dann die Kreuzzüge. Und die Hexenverbrennungen. Die 2000 Jahre des Christentums sind voll von diesem Gottes-Missbrauch. Das hat dem Glauben geschadet. Bis heute. Mir begegnet es ganz oft, dass jemand sich schlecht über den Glauben äußert, aber in Wahrheit die Kirche meint. Und damit in erster Linie Menschen, die etwas schlecht machen. Trotzdem meine ich, dass wir in dieser Hinsicht einen Schritt weiter sind. Wer sich aus persönlichen oder politischen Interessen bei uns auf Gott beruft, wird jedenfalls einer kritischen Prüfung unterzogen. Das ist ein Erfolg der Aufklärung und der Trennung von Kirche und Staat, die es seither gibt. 

Im Islam ist das leider nicht der Fall. Das zeigen die grausamen Vorgänge, die sich im Irak abspielen. Die ISIS-Kämpfer heißen so, weil sie einen Islamischen Staat schaffen wollen, einen Gottesstaat. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Mit größter Grausamkeit räumen sie alles aus dem Weg, was ihrem Ziel im Weg steht. Und sie sagen, dass es Allah so will. Was für eine Arroganz! Was für ein Missverständnis! Gott verlangt das nicht. Er steht für das Gute, für das Leben - und eben nicht für den Tod, den Menschen anderen bringen. Das ist mein tiefer Glaube. Und genauso denken auch viele gläubige Muslime.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18225
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