Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Für viele Kinder beginnt in dieser Woche ihre Schulzeit. Knapp 100.000 Buben und Mädchen sind es, die jetzt in Baden-Württemberg eingeschult werden. Ich möchte den Nachwuchs unseres Landes heute mit guten Gedanken begleiten. Und ich wünsche ihnen, dass sie in den kommenden Jahren auch etwas von Gott erfahren.

Warum ich ihnen das wünsche? Einfach weil Gott größer ist. Größer als alles, was sie lernen. Größer als jeder Mensch, dem sie begegnen werden. Und weil ich davon überzeugt bin, dass diese Größe Gottes bei ihnen mehr Leben möglich macht. Wir brauchen uns dazu nur vorzustellen, was es bedeutet, wenn ein Schüler einzig und allein nach seinem Zeugnis beurteilt wird. Dann bestünde ein Mensch bloß aus seiner Leistung und den daraus folgenden Noten. Für mich ist das eine grauenvolle Vorstellung. Als Religionslehrer muss ich wie alle anderen Lehrer Zensuren geben und meine Schüler beurteilen, auch wenn mir das nicht sonderlich passt. Da füge ich mich ins System ein. Aber jeder Schüler ist mehr, als das, was er leistet. Was ihn ausmacht, zeigt sich meistens an ganz anderen Stellen. Jedes Kind ist nicht nur eines unter vielen, sondern etwas besonderes.

Dazu habe ich ungezählte Gesichter vor Augen und weiß viele Geschichten zu erzählen. Die meisten von ihnen haben ihre Pointe darin, dass auf einmal jemand etwas tut, was ich so von ihm nie erwartet hätte: Wenn einer der Stillen einen frechen, aber passenden Kommentar zu meinem Unterricht abgibt. Zum Beispiel. Wenn eine Schülerin sich in der Online-Beratung für Suizid-Gefährdete engagiert. Oder wenn einer auf der Bühne ein Liebeslied auf seine Schulleiterin singt. Das ist großartig. Das ist viel mehr als alle guten Noten. Und dann denke ich mir: Das will Gott, dass wir so über uns hinaus wachsen. Er will, dass wir größer denken, weil er größer ist.

Ich kann mich an meine eigene Einschulung nicht mehr erinnern. Aber es existieren Fotos. Darauf bin ich mit einem breiten Lachen zu sehen und mit einer Schultüte in der Hand, die so groß war, wie ich selber. Alles in allem unheimlich stolz, dass ich jetzt endlich ein Schulkind war. Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich regelrecht darauf brannte, endlich die Welt in Besitz zu nehmen. Dass in dieser Welt dann Gott vorgekommen ist, dass er dort im Laufe der Zeit einen festen Platz gefunden hat, hat mein Leben verändert. Ich glaube zum Guten. Eine ähnliche Erfahrung wünsche ich auch den Kindern, die in dieser Woche in die Schule kommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18222
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