SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Das war ein Gefühl vor gut sechs Wochen. An einem Sonntagabend. Deutschland ist Fußballweltmeister geworden. Kaum jemand, der sich dieses Endspiel entgehen ließ. Millionen Menschen blickten wochenlang nach Brasilien. Das Gastgeberland zeigte sich von seiner besten Seite. Prächtige Stadien. Gut gelaunte, feiernde Menschen. Die Probleme des Landes wurden für eine Zeit lang verdrängt. Jetzt schaut die Welt nicht mehr auf Brasilien. Die Probleme aber sind den Brasilianern geblieben. Überhöhte Steuern. Korruption. Bildungsarmut. Wachsende Elendsviertel. Wochenlang war die Weltöffentlichkeit abgelenkt von diesen Herausforderungen. Wochenlang waren die Betroffenen in diesem Fußballland Brasilien selber abgelenkt von ihren Problemen. Probleme, die nicht neu sind. Heute vor 15 Jahren verstarb Dom Hélder Camara. Ein brasilianischer Bischof. Von den Menschen in seinem Land und darüber hinaus bis heute hoch verehrt. Als „Bruder der Armen“ setzte er sich leidenschaftlich für die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in Brasilien und ganz Lateinamerika ein. Als Kämpfer für die Menschenrechte nannte man ihn das „Gewissen Brasiliens“. So trat er massiv und entschieden der damaligen Militärdiktatur entgegen. Ihm war es wichtig, dass die Kirche bei den Menschen ist, ihnen und der Welt zugewandt. Einem Priester, der sich in einem Armenviertel engagierte, sagte er: „Du hast die neue Zeit verstanden. Du weißt, dass die gute Nachricht heute mehr denn je mit Taten verkündet werden muss, ehe sie mit Worten gepredigt wird“. Eine Inspiration für alle, denen auch nach der Fußballweltmeisterschaft die Brasilianer mit ihren Problemen und Sorgen nicht egal sind. Der Todestag von Dom Hélder Camara könnte uns positiv beunruhigen. Klein von Gestalt ist und bleibt dieser Bischof einer der ganz Großen der Christenheit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18202
weiterlesen...